Montag, 09.10.2023 — Montlucon - Paray-Le-Monial
28. Tag
Wetter morgens: kühl, aber nicht kalt, trocken und Sternenhimmel
Tages-Kilometer: 145 km
Gesamt-Kilometer: 3158 km
Durchschnitt: 23,1 km/h
Fahrzeit: 6h15
Wetter tagsüber: sehr sonnig und sehr warm, mäßiger Wind
Wetter abends: auch nach Sonnenuntergang noch mild, kein Wind
Abfahrt: 8:30Uhr
Ankunft: 18 Uhr
Um 22 Uhr ins Bett und recht geschlafen bis um 6 Uhr. Es hat gestern Abend noch eine halbe Stunde gedauert, bis ich das GPS Gerät davon überzeugen konnte, dass es direkt am Fenster liegt, somit guten Empfang hat und keinen Grund den Ladevorgang immer wieder abzubrechen. Nachdem ich das GPS Gerät dann auf Gepäcktasche und diese auf einen Stuhl gestellt habe, war es bereit den Akku für den nächsten Tag zu laden. Ach Marktführer eben.....
Ansonsten gilt, Müsli einweichen, Klamotten einpacken und startklar machen.
Es geht zunächst raus aus Montlucon. Die Autofahrer in der Stadt sind sehr rücksichtslos was das Überholen von Radfahrern angeht. Scheint wohl im Berufsverkehr überall so zu sein. Zum Glück bin ich schnell weg von den Straßen mit viel Verkehr. Denn bald folgen viele schöne Landstraßen mit wenig Verkehr. Es geht zwar gleich nach Montlucon ziemlich bergauf, doch das ist auch gut zum warm werden. Ich folge wieder einer Alternativroute, die mir aber wirklich sehr gut gefällt. Die Landschaft ist herrlich. Doch wie gesagt, irgendwie nicht so einfach als Foto festzuhalten.
Während einer kurzen Pause suche ich eine Unterkunft für heute Abend. Da es bislang gut gelaufen ist, plane ich die Etappe etwas länger und finde in Paray-Le-Monial eine gute Unterkunft. Zwar mit Gemeinschaftsbad aber dafür ist der Preis okay.
Nach etwas mehr als 110 Kilometern treffe ich schließlich am Nachmittag auf den Eurovelo 6, der vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer führt. Ein alter Bekannter sozusagen. Es freut mich hier wieder unterwegs zu sein. Entlang eines der vielen Kanäle, die durch ganz Frankreich führen. Bis zum Ziel sind es noch 20 Kilometer. Also ganz entspannt. Es sind nur wenige Radfahrer unterwegs. Manche kommen mir mit viel Gepäck entgegen. Freut mich, dass noch weitere Leute große Touren fahren. Ein gutes Stück voraus des Weges arbeitet ein Traktor und mäht das Gras. Wegen eines ziemlich aggressiven Radfahrers muss der recht abrupt ausweichen. Blöder Radfahrer, kann der nicht langsam tun?!? Ich fahre langsam an den Traktor heran und warte, bis der Fahrer mir ein Zeichen gibt, dass ich vorbeifahren kann. Ein Stück weiter sehe ich den Radfahrer wieder. Der hat es wohl echt eilig. Nach und nach komme ich näher. Ich klingel von Weitem, damit er bei seinem Tempo nicht erschrickt, wenn ich überhole. Ich habe mir das klingeln angewöhnt, weil ich auch schon erschrocken bin, als mich mal jemand überholt hat. Gerade als ich auf Höhe von dem Radfahrer bin macht der plötzlich einen Schlenker und räumt mich ab. Keine Chance mich auf dem Fahrrad zu halten. Ich sehe mich schon im Wasser von dem Kanal schwimmen. Dann falle ich zu Boden und schließlich kommt alles irgendwie zur Ruhe. Ich höre eine Frau schreien wie am Spieß. Doch ich kann mich erst mal selber nicht bewegen. Zum Glück. Sonst würde ich die Person vermutlich erschlagen. Wenig später sind zwei Radfahrer da und verständigen die Feuerwehr bzw den Rettungsdienst. Allmählich kann ich mich wenigstens mal hin setzen und bin sehr benommen.
Nun ja. Dann beginnt eben irgendwie das Übliche. Sanitäter kommen, kümmern sich um mich und die Frau. Nachdem bei mir soweit alles gut ist legen sie den Schwerpunkt auf die Frau und laden diese schließlich ins Auto. Die Gendarmerie rückt auch an und nimmt die Personalien auf. Ich bekomme die Adresse von der Frau. Wortlos taucht wenig später noch der Ehemann der Frau auf, packt das Fahrrad auf den Träger an seinem Auto, spricht mit der Gendarmerie. Ich bitte einen der Leute der Dame gute Besserung zu wünschen. Dann sind alle wieder weg und ich kann mein Fahrrad wieder fahrtüchtig machen und zur Unterkunft fahren. Zum Glück ist das nicht mehr weit. Die Radfahrer die mir mit ihren elektrischen Fahrrädern entgegen kommen, oder die ich überhole beobachte ich schon mit sehr großem Mißtrauen, besonders dann, wenn die Leute darauf hocken wie King Käse als gibt es sonst niemand anderes auf der Welt.
Auf den letzten Metern zur Unterkunft kommt mir das alles irgendwie bekannt vor. Und tatsächlich! Ich war hier schon einmal, als ich 2020 zur Atlantikküste gefahren bin. Was für ein unglaublicher Zufall. Ich habe überhaupt nicht geschaut wo ich damals übernachtet habe, sondern einfach nach einer Unterkunft die zum Budget und zum Ziel der Etappe passt. Dass ich genau hier lande ist schon echt interessant. Ich freue mich sehr, denn die Unterkunft was damals schon wirklich hervorragend. So hat der Nachmittag trotz des Unfalls noch eine positive Bilanz. Ich stelle meine Gepäcktaschen ins Zimmer und fahre zum Supermarkt. Ich brauche frischen Proviant für morgen. Denn da gestern alle Supermärkte geschlossen hatten, ist jetzt nicht mehr viel zum Essen da. Kekse gibt's keine mehr im Proviant, was ich schnell ändern möchte. Nach dem Einkauf dusche ich und schaue die Verletzungen genauer an. Ein Schnitt im Arm gefällt mir gar nicht. Ich habe schon vor Ort, als er noch gealtet hat mit Wasser alles gründlich ausgespült. Mehr kann ich nicht machen.
Hier in der Unterkunft gibt es ein kleines Restaurant. Ich esse dort eine Kleinigkeit, tippe das Tagebuch und gehe, als es mir draußen zu kalt wird aufs Zimmer. Ich bin ohnehin müde und will noch die Etappe für morgen planen.
Tja. Das war dann der Tag, der leider einen ziemlichen Tiefpunkt hatte. Morgen kann also wieder mal nur besser werden....
Ergänzung zum Unfall. Ausschnitt aus der WhatsApp in der Gruppe.
Servus zusammen,
Vielen Dank für die vielen Rückmeldung hier und auch direkt.
Es ist alles bei mir soweit gut. Ich habe mal nach dem Duschen eine Bestandsaufnahme gemacht.
- Fahrrad soweit noch fahrtüchtig
- Gepäckträger und Taschen auch okay (eine Gepäcktasche lag 5 Meter weg vom Fahrrad. Keine Ahnung wie die sich lösen konnte)
- bei mir...
Nun ja. Der Schnitt im Arm gefällt mir gar nicht. Habe ihn gleich vor Ort gespült und der Sanitäter hat den Schnitt auch nochmal ein bisschen sauber gemacht.
Wird hoffentlich kein Problem geben.
Glücklicherweise hatte ich die Fahrradhandschuhe an. Trotzdem ist die linke Hand leicht aufgeschürft. Der Handschuh ist kaputt.
Noch ein paar Schürfwunden, Muskeln die weh tun und der Nacken, der weh tut...
Alles in allem Glück gehabt.
Ich würde den Unfall auf meiner Skala (inzwischen kategorisiere ich die Unfälle von 0 = nichts passiert bis 10 = Tod) als 4 einstufen.
Ich habe mich schon im Wasser von dem Kanal schwimmen gesehen.... Da wäre ich vermutlich weicher gelandet 😉
Der Unfallverursacherin geht es wesentlich schlechter. Die ist im Krankenhaus. Schulter. Entweder ausgekugelt oder gebrochen. Konnten die Sanitäter nicht beurteilen und ich habe die auch nicht wirklich verstanden.
Und wie kam es zu dem Unfall?
Die Dame war mit ihrem elektrischen Fahrrad sehr zügig unterwegs. Ich habe die eine ganze Weile beobachtet als sie vor mir fuhr. Es hat lange gedauert, bis ich näher kam. Bei entsprechendem Abstand habe ich geklingelt, damit sie nicht erschrickt wenn ich vorbeifahre. Ich habe mir das angewöhnt kurz von weitem zu klingeln.
Sie ist entsprechend weitergefahren und ich eben an ihr vorbei. Da macht sie plötzlich einen Schlenker und räumt mich ab. Ob sie einem Schlagloch ausgewichen ist, keine Ahnung.
Tja. Leider konnte ich mich nicht auf dem Fahrrad halten und habe eben den Abflug gemacht.
Das ist die ganze Sache.
Echt scheiße.
Aber gut.
Jetzt gibt's dafür noch positive Nachrichten.
Ich hatte geschrieben, dass ich den Eurovelo hier schon einmal gefahren bin. Heute am frühen Nachmittag habe ich nach einer Unterkunft in Paray-Le-Monial gesucht und bin auch fündig geworden. Als ich nun nach dem Unfall zur Unterkunft fahre kommt mir der Weg irgendwie bekannt vor. Und tatsächlich, kaum zu glauben: Es ist völlig zufällig absolut die gleiche Unterkunft, in der ich damals auch schon übernachtet habe. Das ist schon wirklich sehr interessant. Ein sehr positiver Zufall. So was gibt es schließlich auch 😊.
Ich gehe dort jetzt mal was Essen, denn viel hab ich heute noch nicht gegessen.
Das Tagebuch gibt's nachher und morgen früh geht's weiter.