Am nächsten Tag fahre ich kurz vor 10 Uhr los. Der Weg aus Melrose hinaus ist leicht zu finden. Mein Ziel für heute ist Berwick-upon-Tweed. Die kleine Stadt an der Küste ist ungefähr 80 Kilometer entfernt. Das ist sicher nicht so viel, aber warum sollte ich mir wieder so viel vornehmen. Der Weg führt zunächst nach Osten und immer wieder auch mal ein bisschen nach Norden. Das ist zwar nicht ganz meine Richtung, aber der kräftige Rückenwind lässt die Kilometer wirklich sehr gut machen. Der Weg führt immer über kleine Sträßchen mit wenig Verkehr. Gehen 14 Uhr erreiche ich Berwick-upon-Tweed. Gefahren bin ich knapp 80 Kilometer. Das ist schon ein bisschen wenig, entscheide ich und schaue im Internet, wo es noch weiter Campingplätze gibt. Auch wenn die Stadt wirklich schön an der Küste liegt, sicher einen schönen Campingplatz und einen leckeren Chips Shop hat, möchte ich schon gerne noch ein bisschen weiterfahren. In Waren gibt es den nächsten Campingplatz. Das wären nochmal 40 bis 50 Kilometer. Nun ja... Dann los! Der Weg führt zunächst am Strand entlang, dann führt er durch die Dünen. Sehr schön und auch ganz gut zu fahren. So macht die Tour richtig Spaß! Die Sonne kommt auch ein zwischen den Wolken durch. Ich merke, dass die Wärme, die der Wetterdienst für Deutschland angekündigt hat, nun auch hier angekommen ist. Es ist wirklich, als hätte jemand die Heizung eingeschaltet. Der Weg verläuft leider nicht die ganze Zeit am Meer entlang. Bald biegt er wieder ins Inland ab. Nun gibt es auch wieder Höhenmeter. Damit habe ich dann aber die letzten Berge in Schottland hinter mir gelassen. Der Wind wird wieder ein Thema. Ziemlich kräftig weht der Wind mal wieder in die falsche Richtung. Nun ja. Ich komme voran. Am späten Nachmittag gibt es dann noch etwas Regen. Am frühen Abend erreiche ich den Campingplatz in Waren bei Bamburgh. Der Campingplatz ist sehr voll. Zum Glück bekomme ich noch einen Platz fürs Zelt. Leider ist es hier nicht so wie in Irland, wo man einfach irgendwo sein Zelt auf dem Campingplatz aufstellen darf. Es gibt strenge Vorschriften zum Beispiel der Abstand zum Nachbarn und so weiter. Brandschutz macht schon Sinn. Somit wäre der Tag für heute erledigt. Ach ja, ich merke leider schmerzhaft, dass ich nicht mehr in Schottland bin. Es gibt kein Tennent's Bier mehr. Nur noch eine Dose, die ich noch im Rucksack habe. Das englische Bier schmeckt im Vergleich zum Tennant's wirklich nicht so gut. Oder zum Teil auch echt scheiße....
Zum schlechten Bier kam dann am nächsten Morgen noch schlechtes Wetter hinzu. Ich werde heute wohl mal wieder im Regen fahren. Nicht grade tolle Aussichten. Doch während ich noch gemütlich beim Frühstück sitze, hört der Regen auf und die Sonne kommt heraus. Wunderbar! Ich esse noch schnell mein Müsli leer und reibe das Zelt trocken. Außerdem baue ich noch kurz das Solarpanel auf, denn die Powerbank ist ziemlich leer und heute Abend muss ich mein Smartphone wieder aufladen. Wenigstens muss ich nicht noch zusätzlich das GPS-Gerät laden. Ein Vorteil....
Während ich mein Zelt zusammen lege und einrolle kommen schon wieder Regentropfen vom Himmel. Zum Glück hört es gleich wieder auf. Ich bin um kurz vor 10 Uhr startklar und mache mich auf den Weg. Die Strecke verläuft wieder über viele kleine Nebenstraßen. Erst nach Nordosten zur Küste. Und dann wieder ein bisschen ins Inland und gegen Mittag wieder zur Küste. Der Weg führt nun durch die Dünen. Das macht Spaß zum Fahren. Allerdings ist es sehr rutschig auf den engen Wegen zwischen den Dünen. Außerdem sind die Wege teilweise steil. Wenn ich nicht sehr gut aufpasse gerate ich aus der nur 20 cm breiten Spur aufs nasse Gras. Weil meine Fahrradreifen jedoch eher für Straßen ausgelegt ist, als für nasses Gras, fahre ich teilweise wie auf Schmierseife. Zweimal habe ich kurz die Kontrolle über das Gespann verloren und nur wie durch ein Wunder bin ich nicht vom Fahrrad gefallen oder habe mir weh getan. Ich war mir zweimal ziemlich sicher: Jetzt tut es gleich weh und ich liege im Dreck... Zum Glück ist nichts passiert. Für die schöne Landschaft hatte ich dann allerdings kaum noch ein Auge. Von weitem sehen die Regenschauer schön aus. Aber nur solange sie einen nicht einholen. Heute gab es einige Regenschauer. Teilweise sehr kräftig. Bei den leichteren Schauern bin ich einfach weitergefahren und dachte an den älteren Herrn an einem der ersten Campingplätze: Marten, it's just a shower...!!
Gegen Mittag hatte ich Glück. Ich wollte im Supermarkt etwas zum Essen kaufen, als ein leichter Schauer zum Starkregen wurde. Glücklicher Weise war ich im Trockenen. Als es nachgelassen hat, bin ich weitergefahren. Die Sonne schien, als wäre nichts gewesen. Und so gab es den ganzen Tag immer wieder mal eine Dusche. Am Nachmittag gab es nochmal einen sehr kräftigen Schauer. Da ist das Wasser sogar aus dem Kanal herausgekommen und hat den Deckel angehoben. Noch zwei bis drei Stunden bis zum nächsten Campingplatz. Weil ich gestern Abend gehört habe, dass die Ferien in England begonnen haben und die Campingplätze besonders jetzt am Wochenende sehr voll sind, beschließe ich dort anzurufen, um vorab zu reservieren. Am Telefon erklärt man mir dann: Sorry, no Tents allowed on our site. Uff, was soll denn der Blödsinn...!!?!?!. Der nächste Campingplatz, der halbwegs in der Nähe der Route liegt, kommt erst hinter Newcastle. So weit will ich nicht mehr fahren! Also schaue ich was es sonst noch in der Nähe von Newcastle gibt. In Whitley Bay werde ich fündig. Ich buche die Übernachtung via Internet. Dann gibt es heute eine feste Unterkunft. Der Weg verläuft nun leider durch irgendwelche hässlichen Industriegebiete. Am Nachmittag erreiche ich die Unterkunft. Die Gastgeberin ist sehr freundlich. Ich kann mein Fahrrad und den Bobby in einen kleinen Hof hinter dem Haus abstellen mit dem Wasserschlauch sauber machen. Die Tasche vom Bobby ist ebenfalls völlig dreckig und bekommt auch eine gründliche Wäsche. Nachdem ich dann geduscht habe mache ich mich auf den Weg zum Abendessen. Ich halte wieder nach einem Chips Shop Ausschau und esse gemütlich dort zu Abend.
Die nächste Etappe startet ganz efreulich. Bis Tynemouth verläuft der Weg immer am Ufer entlang. Gesäumt von einer ewig langen Promenade. In Shields muss ich mit der Fähre übersetzen. Die Fahrt dauert nur gut 10 Minuten. Bis Sunderland geht es immer am Ufer entlang. Hinter Sunderland verlässt der Weg dann das Ufer und wird wirklich zu einem ganz üblen Dreck Weg. Der Weg wird nicht gepflegt. Es gibt riesige Schlaglöcher und das Gestrüpp vom Wegrand reicht sehr weit in den Weg hinein. Brennnesseln und Dornen inklusive. Überall, wo "Zivilisation" in der Nähe ist, liegt Müll herum, dass es nur so graust! Dazu liegen jede Menge Scherben auf den Wegen. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich heute angehalten habe, um meine Reifen auf kleine Glassplitter zu kontrollieren. 10-mal bestimmt! Immer wieder gibt es Stellen, an denen jemand versucht hat ganze Müllhaufen zu verbrennen. Die Überreste von Matratzen liegen noch herum. Zu sehen gibt es nicht viel, da das Gestrüpp überall sehr hochwächst. Es ist, als fährt man in einem Tunnel. Spaß macht mir das überhaupt nicht! Am Nachmittag führt dann der Weg durch einige größere Städte und deren Industriegebiete und Hafenanlagen. Norton, Portrack und Middlesborough um ein paar davon zu nennen. Hier wird der Weg zum Suchspiel. Es gibt Stellen, da weicht der Weg von dem Track ab, den ich im Smartphone gespeichert habe. Ich folge der Beschilderung. Doch plötzlich sind die Schilder weg, oder durch Vandalismus zerstört. So bleibt mir nichts anderes übrig, als zum letzten bekannten Punkte zurück zu fahren und dann dem Track auf dem Smartphone zu folgen. Vereinzelt tauchen dann auch wieder Schilder auf. Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass ich mich wohl in den Städten nicht 100% auf die Beschilderung verlassen kann. Am Abend erreiche ich dann den Campingplatz in Redcar. Eine sehr nette Dame am Empfang rettet den Tag. Ich hole mir etwas zum Abendessen. Anschließend kläre ich, wie es mit der Tour weitergehen wird. So ganz sang- und klanglos werde ich die Tour nicht beenden. Ich will schon noch ein paar Tage fahren. Bis Hull. Von dort gibt es eine Fähre nach Rotterdamm. Auf der Fähre muss ich eine Kabine buchen, was ich eigentlich nicht will. Schlecht schlafen kann ich auch für weniger Geld, wenn ich daran denke, wie laut es auf der letzten Fähre von Roscoff nach Cork war. Eines ist auf jeden Fall sicher: Ich werde nicht mit aller Gewalt die Kilometer bis Harwich auf dem Fahrrad runterreißen. Das lohnt sich hier überhaupt nicht!
Der Zug von Hull nach Harwich kostet fast 180 Euro. Und ich habe keine Gewissheit, ob ich mit dem Fahrrad und dem Bobby in den Zug einsteigen kann. So entscheide ich mich dafür, die Fähre ab Hull zu buchen. Die kostet zwar auch knapp 200 Euro. Dafür ist der Transport von Speedy und Bobby kein Problem. Ich mache die Buchung fertig. Am Mittwochabend läuft die Fähre in Hull aus. Bis dahin muss ich die Strecke zurückgelegt haben. Damit wäre die Frage wie es weitergehen wird geklärt.
Die vergangene Nacht war leider nicht erholsam. Der Wind ist in der Nacht so sehr aufgefrischt, dass ich um Mitternacht aufgewacht bin. Mein Hotel Hilleberg ist da schon fast davongeflogen. Der Wind zerrte sehr heftig am ganzen Zelt. Ich habe die Heringe so tief in den Boden gesteckt, wie es möglich war. Beim Aufstellen des Zeltes habe bereits eine geschützte Stelle zwischen einem Gebäude und einer hohen Mauer ausgesucht. Der Wind konnte es trotzdem teilweise kräftig erfassen. Ich dachte wirklich, dass es das Zelt heute Nacht noch zerreißen wird. Auch am Morgen ist der Wind noch sehr kräftig. Man hört, wie die Nordsee kocht! Es ist halb sieben, als ich aufstehe und mir mein Frühstück mache. Ich bin gespannt, wie ich bei dem Sturm heute mit dem Fahrrad vorankomme. Nachdem ich gefrühstückt habe versuche ich möglichst schnell mein Zelt in die Tasche vom Bobby zu bekommen. Denn es sieht schon wieder sehr nach Regen aus. Ich packe schnell zusammen und versuche dann mein Zelt noch ein bisschen zu trocknen. Das Trocknen geht dank des sehr starken Windes recht gut. Das Zusammenlegen dann schon deutlich schwieriger. Eigentlich ist es ein Ding der Unmöglichkeit. Der Wind reißt das Zelt sofort in irgendeine Richtung davon. Damit es nicht zu einfach wird verteilt eine kräftige Windböe meinen Müll übers komplette Gras. Verdammt. Ich renne dem Müll hinterher und sehe grade noch, wie eine weitere Windböe mein Zelt aufs Korn nimmt und über die Mauer des Campingplatzes wirbelt. Nicht gut... So verteilt sich der Müll erst mal wieder. Den sammle ich ein, nachdem ich mein Zelt wieder unter Kontrolle habe. Doch ich gebe es auf, das Zelt sauber zu falten und ordentlich in den Beutel zu packen. Ich rolle es irgendwie ein und stecke es dann in den Sack, wo es hingehört. Dann kümmere ich mich um den Müll. Es ist kurz nach 9 Uhr als ich los fahre. Zunächst geht es durch Redcar hindurch und weiter zur Promenade Richtung Südosten. Die Wege sind sehr gut gemacht. Es gibt viele Touristen. Später verläuft der Weg entlang Küste oberhalb der Klippen durch die Dünen. Der Weg ist sehr schmal und zum Radfahren wirklich sehr anspruchsvoll. An einer Stelle muss ich das Gespann auseinander bauen und 50 Meter eine Treppen hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf tragen. Dann erreiche ich eine kahl gefressene Wiese. Der Weg führt gradewegs steil bergauf. Keine Chance das zu fahren. Zu steil, der Untergrund zu weich und meine Reifen sind zu glatt. Es sind die ersten und hoffentlich einzigen 100 Meter, die ich schieben muss. Glücklicherweise verläuft der weg dann wieder entspannt durch die Dünen. Wenig später stehe ich vor einem Verkehrsschild, muss an meine Bremsbeläge denken und kurz schlucken. 25% Gefälle, das ist verdammt steil. Und vermutlich geht es auf der anderen Seite dann auch genauso steil wieder hoch...!?!?! Wie auch immer... 25%! Ich bin sehr langsam bergab gefahren. Doch als ich unten ankomme, haben meine Bremsen geraucht!!! Denn das Gefälle war nicht nur sehr steil, sondernauch noch sehr lang. Ich erreiche ein kleines Fischer-Dorf und wie vermutet ging es nach dem Dorf auch wieder mit 25% Steigung nach oben. Ganz ehrlich, ohne angeben zu wollen: Was sind schon 25% Steigung nach über 3.000 Kilometern bergauf und bergab fahren?
Nach dieser Bergprüfung verläuft der Weg durchs Inland. Ich muss jetzt endlich mal Gas geben. Es ist schon 14 Uhr und ich bin gerade mal 50 Kilometer gefahren. Schließlich erreiche ich die Stadt Whitby. Von dort verläuft der Weg auf einer alten Eisenbahnstrecke bis nach Scarborough. Die nächsten fünf oder mehr Kilometer zwar stetig bergauf, aber immerhin keine Stellen, an denen ich mein Fahrrad und den Bobby tragen muss. Besonders gut ausgebaut ist die Strecke leider nicht. Teilweise wachsen die Sträucher ganz in den Weg hinein. Und die unzähligen Schlaglöcher lassen kein besonders hohes Tempo zu. Also schleiche ich auf dem Weg mit 15 km/h daher bis Scarborough. In Scarborough mache ich eine kurze Rast und schaue im Internet wo der nächste Campingplatz zu finden ist. Es wären noch 15 Kilometer. Das ist kein Problem. Das mache ich, denn bis Scarborough waren es grade mal 90 Kilometer. Leider sind auf dem Campingplatz mal wieder keine Zelte erlaubt....! Ja so ein Dreck!!! Nun gut, dann nehme ich ein Zimmer in Scarborough und Schluss mit der Tour für heute. Per Internet finde ich schnell eine günstige Unterkunft. Die ist auch gut gelegen. Passt also alles gut zusammen. Nach dem Duschen mache ich einen Spaziergang durch Scarborough und ich muss sagen:
"I really like Scarborough"! Eine schöne Stadt an der Küste. Es gibt ein großes Schloss, dass aber so weit oben am Berg liegt, dass ich keine Lust hatte dort hinauf zu laufen. Ich bin lieber zum Strand hinunter gelaufen und habe das bunte Treiben dort angeschaut. Es gab zahllose Touristen dort, jede Menge Fress-Buden und Geschäfte in den sie allen möglichen Kleinkram verkauft haben. Als es dunkel wird mache ich mich auf den Weg zurück zur Unterkunft. Ich will noch ein paar Sachen waschen und dann so langsam ins Bett. Morgen ist der letzte Tag, den ich komplett in England mit dem Fahrrad unterwegs bin. Es soll morgen auch warm werden. Uff, ich habe heute Nachmittag schon kräftig geschwitzt.
Die Nacht in der Unterkunft war ganz angenehm. Ich habe gestern nach der Ankunft meine feuchten Sachen so gut es ging im Zimmer verteilt. Besonders wichtig ist mir hierbei immer der Schlafsack. Denn die Daumen vertragen die Feuchtigkeit nicht. Über Nacht sind die Sachen dann soweit trocken geworden, dass ich alles ohne Probleme die nächsten Tage in der Tasche vom Bobby lassen kann. Außerdem habe ich gestern Abend noch ein paar Radlerklamotten von Hand gewaschen. So habe ich am Donnerstag, wenn ich in Rotterdam von Bord gehe ein paar frische Fahrradklamotten. Auch die Fahrradkleidung ist halbwegs trocken geworden. Die restliche Feuchtigkeit trocknet während der Fahrt hinten am Rucksack und auf der Tasche vom Bobby.
Weil ich alle Sachen im Zimmer verteilt habe zum Trocknen, dauert es länger bis ich alles wieder eingepackt habe. Um kurz nach halb zehn komme ich los. Von der Unterkunft geht's zunächst ein kurzes Stück bergauf, damit ich wieder den Track erreiche. Aus Scarborough finde ich gut und schnell hinaus. Die Stadt hat mir auch irgendwie gefallen. Zunächst geht es an der Küste weiter. Die Aussicht auf den blauen Himmel und das Meer ist herrlich! Doch bald verlässt der Track die Küste und führt ins Inland. Die Strecke verläuft ziemlich flach. Genau richtig, um in Fahrt zu kommen. Bald kommt ein Anstieg mit 16%. Zu früh gefreut. Aber inzwischen bringen mich solche Anstiege auch nicht mehr aus der Fassung. Nur der Verkehr...! Es ist leider keine kleine Nebenstraße. Zwar sind nicht viele Autos unterwegs an diesem Morgen auf der steilen und kurvenreichen Strecke, aber die Autofahrer fahren wie die Verrückten! Überholen trotz Gegenverkehr, dann mit hoher Geschwindigkeit und 50cm Abstand am Radfahrer vorbei, oder den Gegenverkehr zum starken Abbremsen zwingen. Unglaublich...! Nun ja, zum Glück muss ich hier nicht lange fahren. Bald ist der Weg wieder weg von der Straße und ich fahre auf kleinen Nebenstraßen weiter. Die Straßen sind halbwegs gut und ich kann nochmal richtig Gas geben. Sehr zum Ärger für manche Leute auf dem Rennrad. Die mögen es bekanntlich gar nicht, von einem Mountainbiker überholt zu werden. Und dann auch noch von einem Mountainbiker mit einem Gepäck-Anhänger!!! Gegen Mittag macht der Track nochmal einen Abstecher zum Meer. In Sewerby mache ich Mittagspause und genieße die Sonne. Dann geht es zurück Richtung Inland. Mit genügend Wasser zum Trinken ist die Wärme heute zu ertragen. Es ist merklich wärmer als in den letzten Tagen. Nach knapp 100 Kilometern mache ich nochmal eine Rast und schaue auf der Karte, wie weit es denn überhaupt noch bis Hull ist. Eigentlich wollte ich erst morgen in Hull ankommen. Ich hatte vorsichtig kalkuliert, damit ich auf keinen Fall großen Stress habe, um die Fähre zu erreichen. Nun sieht es so aus, dass es noch 30 Kilometer sind bis Hull. Die schaffe ich auf jeden Fall auch noch heute ohne Probleme. Somit habe ich morgen den ganzen Tag über Zeit in Hull und kann entspannt am Abend zur Fähre. Ich suche im Internet nach einer Unterkunft. Kurz vor 18 Uhr erreiche ich das Hotel Royal in Hull. Nach der Anmeldung kommt jemand und bringt mein Fahrrad zum Abstellraum. Die Wärme heute war schon anstrengend. Außerdem bin ich ein bisschen traurig, denn hier ist nun meine Tour zu Ende. Irgendwie bin ich auch froh, die letzten Wochen ohne Unfall oder sonstigen Probleme geschafft zu haben. Es war eine sehr schöne Tour!
Glücklicherweise habe ich heute Nacht eine Unterkunft genommen und nicht am Campingplatz geschlafen. Das mache ich auf meinen Touren eigentlich immer, die letzten ein oder zwei Nächte wenn möglich nicht mehr zelten. Damit kann das Zelt, der Schlafsack und alles andere trocken eingepackt werden. Je nachdem kann es schließlich ein paar Tage dauern, bis ich die Sachen dann zu Hause auspacken kann. Und das ist nicht gut. Ich habe gestern Abend noch Proviant für die Fähre eingekauft. Jede Menge Scones. Lecker! Grundsätzlich aber achte ich grade sehr darauf nicht mehr so viel zu essen wie in den letzten Tagen. Auch wenn es schwerfällt. Ohne die viele Kilometer auf dem Fahrrad brauche ich auch nicht mehr so viel zu essen. Gegen 10 Uhr checke ich aus, aber lasse mein Gepäck noch im Hotel. Ich schaue mich ein bisschen im Hull um. Zum Mittagessen gehe ich in einen Chips Shop. Und dann wird es allmählich auch Zeit, dass ich mich in aller Ruhe auf den Weg zum Hafen mache. Aber auch da ist noch genügend Zeit. Es ist heute echt verdammt warm und die paar Kilometer zum Hafen bringen mich nochmal ganz ordentlich ins Schwitzen. Am Gebäude von P&O Ferries frage ich, wo ich denn hinmuss. Ich fahre über eine große Rampe in die Fähre hinein. Dort weist man mir einen Platz fürs Fahrrad zu. Ich trage mein Gepäck in die Kabine und schaue ich mich ein bisschen auf der Fähre um. Etwas wehmütig gönne ich mir ein offizielles Abschiedsbier. Damit wäre die Tour beendet. Schade! Vielleicht gibt es morgen nochmal in Rotterdam ein Stück zum Fahren. Von der Fähre zum Bahnhof.
Ich freue mich auf die Überfahrt. Es scheint sehr ruhig zu werden. Kaum Wind. Allerdings braut sich ein Gewitter über Hull zusammen. Kein Wunder, nachdem es so schwül war den ganzen Tag. Ich bin auch gespannt, wer noch in der Kabine ist. Es sind aber auch noch ein paar Stunden, bis die Fähre ausläuft. Ich habe Hunger und esse vom Proviant. Bis jetzt ist noch immer niemand außer mir in der Kabine. Nachdem ich eine Ladung Scones vertilgt habe suche ich mir in einer Bar einen ruhigen Platz, genieße ein Bierle und schaue zu, wie wir ablegen. Später dann gehe ich noch an Deck, denn es ist draußen wärmer als drin. Blöde Klimaanlage. Bis die letzten Lichter verschwunden sind stehe ich noch am Heck der Fähre. Dann mache ich mich so langsam auf den Weg ins Bett. Ich bin alleine in der Kabine.