Sonntag, 17.07.2022 — San Luis de Sabinillas (E) - Gibraltar (GB) - Tarifa (E)
31. Tag, Sonntag
Wetter morgens: sonnig und warm
Tages-Kilometer: 104km
Gesamt-Kilometer: 3563km
Durchschnitt: 20,3km/h
Fahrzeit: 5h07
Wetter tagsüber: sehr sonnig und sehr heiß, mäßiger Wind
Wetter abends: sonnig und warm, starker Sturm
Abfahrt: 8:15 Uhr
Ankunft: 17:30 Uhr
Gestern Abend war hier am Strand noch so etwas wie eine Prozession. Mit Einbruch der Dunkelheit startete dann nur eine oder zwei Straßen weiter ein großes Straßenfest mit Livemusik. Da war mächtig was los. Die Party ging bis 4 Uhr heute morgen. So lange bin ich natürlich nicht dort gewesen. Trotzdem starte ich heute mit einiger Verspätung in den Tag. Erst um kurz vor 7 Uhr wache ich auf. Die Sonne scheint schon. Ich freue mich auf die letzte Etappe meiner Reise. Heute erreiche ich nach 4 Wochen Gibraltar. Ich bin gespannt was mich dort erwartet.
Zunächst mal leckeres Müsli zum Frühstück. Ich habe die meisten meiner Sachen bereits in die Taschen gepackt und bemühe mich, zügig startklar zu werden. Es wird heute nochmal eine komplette Etappe werden, also brauche ich genügend Wasser und so weiter.
Es ist 8:15 Uhr als ich los fahre. Die große N340 verläuft direkt durch den Ort. So muss ich nicht lange suchen. Ich mache mir auch keine großen Gedanken wegen der blöden Autobahn, sondern fahre einfach drauf los. Andere Radfahrer kommen mir irgendwann entgegen, also wird es schon okay sein. Außerdem ist am Sonntagvormittag ohnehin wenig Verkehr. Nach 10 Kilometern verlässt die Route die Hauptstraße. Zunächst führt sie dann über eine schöne Nebenstraße. Von hier aus habe ich einen guten Blick auf... Ist das wirklich schon der Felsen von Gibraltar? Und das dahinter dann Afrika?! Bald werde ich es wissen! Durch die Dörfer führt der Weg wieder im Zickzack. Echt anstrengend da immer den Track zu folgen. Schließlich erreiche ich kurz vor 11 Uhr die Grenze zu Gibraltar. Offiziell endet hier die EU, denn Gibraltar gehört politisch gesehen zu England. Und England hat bekanntlich vor ein paar Jahren die EU verlassen. Die Einreise ist aber ziemlich einfach. Bei der Kontrolle will man nicht mal einen Pass oder Personalausweis sehen. Einfach durchfahren. Doch wenige hundert Meter weiter stehe ich dann zusammen mit anderen Autos vor einer geschlossenen Schranke. Hm, komisch. Auf Schildern über der Schranke steht etwas von Airfield, also Flugplatz. Ich warte ab was passiert. Und tatsächlich: Wenige Minuten später rollt ein Flugzeug über die Straße. Ein großes Flugzeug von Easyjet. Das Flugzeug verschwindet hinter einem Gebäude. Mehr kann ich nicht sehen. Dann kann es ja weitergehen, also macht die Schranke endlich auf. Und genau in dem Augenblick schießt das Flugzeug mit Vollgas wieder über die Straße und hebt genau vor meinem Augen ab. Wow Wahnsinn! Aus solcher Nähe habe ich das auch noch nie gesehen! Der Lärm war natürlich ohrenbetäubend und ging mir wirklich durch Mark und Bein. Tja, dann war das Flugzeug weg und die Schranke öffnet sich. Nun kann es weitergehen. Ich will natürlich zum südlichen Ende von Gibraltar und dort hin geht es nochmal ein gutes Stück bergauf. Dann sehe ich den Leuchtturm und habe das Ziel meiner Reise erreicht. Oder besser gesagt den eigentlichen Endpunkt. Mein Ziel habe ich ja eigentlich schon bei der Abfahrt zu Hause erreicht: Nämlich mit dem Fahrrad unterwegs zu sein....
Es ist kurz nach 11 Uhr. Nach 3503km bin ich angekommen. Am Leuchtturm selber ist es sehr ruhig. Kein Lärm, ein paar Touristen, mehr nicht. Ich freue mich, dass ich es geschafft habe die Radtour bis hier her zu fahren und bin sehr dankbar, dass nichts passiert ist und ich gesund bin. Ich lasse mir die Kekse aus dem Proviant schmecken, mache ein paar Bilder und genieße einfach nur den Augenblick.
Ewig will ich dort auch nicht in der Sonne sitzen, sondern lieber noch die berühmten Berber-Affen besuchen, die es hier auf Gibraltar zu sehen gibt. Also packe ich meine Sachen zusammen und fahre ein Stück zurück, bis zum Abzweig an dem den Berg zu den Affen hinauf geht. Eine ziemlich steile und schweißtreibende Angelegenheit. In der prallen Sonne ist es echt unglaublich heiß! Kurz vor dem Ziel versperrt wieder eine Schränke den Weg. Ein Aufseher weißt mich freundlich darauf hin, dass ich eine Eintrittskarte kaufen muss, damit ich weiter fahren kann. Hm, okay. Warum nicht. Aber dann falle ich fast vom Fahrrad. 16 Pfund um mal kurz die Affen zu sehen? Nein, das ist es mir einfach nicht wert. Ich verabschiede mich, drehe um und fahre den ganzen Berg wieder runter. Da schaue ich mir lieber im Fernsehen die neuesten Berichte über BREXIT Boris und seine Bande an. Die Affen sind zwar nicht lustig bei dem was sie tun, aber irgendwie amüsant. Die Autofahrer hier sind völlig ander als die Spanier. Die überholen extrem dicht und mit hoher Geschwindigkeit, als drei Autos vor mir jemand links abbiegen will und wegen dem Gegenverkehr anhalten muss bekommt der hinter mir einen Anfall und drückt wie ein Irrer auf die Hupe seines Autos. Ich erschrecke natürlich. Ein anderer fährt mich fast um, als er auf die Hauptstraße einfährt auf der ich unterwegs bin. Da die in Gibraltar englisch sprechen und es das Fenster offen hatte konnte ich ihm sehr unmissverständlich klar machen was ich davon halte. Entsprechende Handzeichen gibt es ja auch noch. (Nach den Verkehrsunfällen, die ich in der Vergangenheit erleiden musste laufen in solchen Momenten offenbar Dinge in mir ab, die ich tatsächlich nur sehr schwer beeinflussen kann). Na ja. Einfach weg von hier.
Auch die Ausreise aus Gibraltar ist gar kein Problem. Bei der Einreise in die EU wird der Personalausweis kontrolliert. Also jedenfalls ob ich wenigstens einen dabei habe. Mehr nicht. Dann bin ich wieder in Spanien. Ich stelle im GPS Gerät den neuen Track ein, der mich nach Tarifa führen soll. Er führt natürlich mal wieder zur Autobahn. Nun ja, ich fahre los. Der leichte Rückenwind macht die Fahrt echt angenehm auf den nächsten Kilometern. Lange währt die Freude jedoch nicht. An einem großen Autobahnkreuz gibt es nun Hinweise auf einen Radweg der nicht mehr auf der Autobahn verläuft. Darüber bin ich wirklich froh. Leider ist der Weg völlig falsch. Doch auf die Autobahn zurück traue ich mich einfach nicht mehr. Und so muss ich knapp 5 Kilometer Umweg fahren, bis ich wieder auf dem ursprünglichen Track bin. Dafür habe ich unterwegs eine Unmenge an Störchen gesehen, die quasi auf jedem Strommast der dort stand ein Nest gebaut hatten. Und die haben auch richtig kräftig geklappert! Doch dann wird der Weg echt anstrengend. Es geht nochmal steil bergauf, über eine starke befahrene Hauptstraße durch eine Baustelle bis zu einem Zaun. Schluss aus, hier geht es nicht weiter. Mist! Okay, auf der Karte im GPS Gerät entdecke ich eine Alternative. Aber ich muss leider nochmal ein Stück zurückfahren und diese Hauptstraße nochmal überqueren. Der Weg führt ebenfalls wieder steil bergauf. Jetzt rinnt mir der Schweiß echt in Strömen. Und wieder ein Zaun! Verdammt! Ich entscheide mich der Hauptstraße N340 bis Tarifa zu folgen. Hier ist sie keine Autobahn mehr. Es geht nochmal weiter bergauf. Zum Glück ist der Wind nicht stark. Nach 5 oder mehr Kilometern erreiche ich den Sattelpunkt. Von hier an führt die Straße bergab. Das tut gut. Ich will grade die Bremsen völlig öffnen, da packt mich eine starke Böe und drückt fast in die Leitplanken. Uff! Ich haue die Bremsen rein und fahre echt vorsichtig. Doch manche Böen sind derart stark, dass ich Mühe habe das Fahrrad in der Spur zu halten. Wenn das Rückenwind wäre. Wow!!! Aber die Böen kommen eher von der Seite und sind deswegen auch so gefährlich. Tarifa liegt vor mir. Gegen 17 Uhr erreiche ich die Unterkunft. Nachdem ich mich mal kurz erholt und viel Wasser getrunken habe kümmere ich mich um die Wäsche und dusche anschließend. Ich mache dann noch einen Spaziergang durch die Altstadt von Tarifa und laufe weiter zum Hafen bzw Strand. Dort sind einige Kitesurfer. Bei dem Sturm ist es wirklich faszinierend was die drauf haben. Manche fliegen bestimmt 10 oder 20 Meter hoch und fast 100 Meter weit. Cool!
Ich habe genug vom Sturm und laufe zurück zur Unterkunft.
Genug für heute.