Sonntag, 25. Juli 2010 — Repväg — Honningsvag // Nordkapp
Tageskilometer: 91 km
Honningsvag, Sonne, blauer Himmel, kein Wind, +10 ºC
Heute steht nun also die letzte Etappe an.
Ein wenig verärgert bin ich schon wegen des Zimmerpreis: 480NOK und dann nimmt die Alte noch nicht mal Kreditkarte. Dafür aber gerne 60Euro!!!
Weil ich am morgen sehr früh starten möchte, gehe ich bald zu Bett. Den Wecker stelle ich auf 3:30Uhr. Gegen Mitternacht werde ich kurz wach und werfe einen Blick nach draußen. Das Wetter sieht gut aus, aber ein paar Stunden sollte ich schon noch schlafen, um fit zu sein. Als ich um 2:45Uhr erneut wach werde gibt es keine Halten mehr: Blauer Himmel überall! Der Wind hat sich gelegt. Alles spricht für einen super Tag. Also dann raus aus den Federn. Das Frühstück gibt es heute quasi nebenher beim Packen. Um kurz vor 4 Uhr kann es los gehen.
Gleichzeitig steigt mit jedem Kilometer die Spannung wegen dem Nordkapp-Tunnel. Ich rechne damit, dass dort große Schilder stehen, auf denen ausdrücklich ein Verbot für Fahrräder steht. Ganz sicher gibt es dort auch Kontrollen, damit auch ja keiner in den Tunnel fährt. Ich überlege mir schon die ganze Zeit, welche Geschichte ich den Leuten dort erzählen soll. Ich kanns kaum noch erwarten an dem Tunnel zu stehen. Vielleicht ist dort ja auch einfach „Nichts“?
Lichter ans Rad, die Warnweste anziehen: So bin ich im dunklen Tunnel auf jeden Fall zu sehen, was die Kontrolleure vielleicht milde stimmt.
Und dann kommt die Einfahrt zum Tunnel. Jetzt gilt es!
Aber da ist nichts, gar nichts! Keine Leute, keine Verbotsschilder… Nichts! Nur ein großes Loch im Berg. Also rein dort in den Tunnel zum Nordkapp.
Zuerst einmal ist es dort drin total nebelig. Dann geht es steil abwärts (9% Gefälle). Zwischendurch schaltet die Beleuchtung im Tunnel auf die halbe Helligkeit. Es ist echt stockdunkel hier drin… und sehr kalt. Hoffentlich machen die das Licht nicht ganz aus.
Nach 3km Talfahrt habe ich mit –258mNN den tiefsten Punkt erreicht. Es geht ein kleines Stück eben voran, dann jedoch geht es die selbe Steigung (9%) wieder bergauf. Ebenfalls 3km. Das strengt ganz schön an.
Meine Rechnung bzgl. früher Start um die Touri-Massen zu meiden geht voll auf. Entgegen kommen mir nur zwei Autos. Überholt werde ich gar nicht. Am anderen Ende des Tunnel ist kommt dann die Maut-Stelle. Jetzt mal sehen was hier passiert…?
NIX !!
Die Schranke ist offen und die auf grün stehende Ampel zeigt „Frei“. Perfekt, das wäre geschafft. Also weiter zum Ziel. Aber zuerst gibt es eine kleine Pause. Mit vielen Keksen zur Belohnung. Immerhin waren es heute mal kurz 38 km bis hier zum Tunnelausgang.
Es folgen noch zwei weitere Tunnel. Der Honningsvag Tunnel ist mit 4,4km auf nicht ganz ohne. Allerdings ist der Tunnel flach. In Honningsvag schaue ich mich erst mal nach dem Fährterminal um, damit ich bei der Rückfahrt nicht lange suchen muss. Ich muss am nächsten Morgen um 5:45Uhr dort sein. Nun geht es aber endgültig zum Nordkapp. Die Strecke ist verflixt anstrengend. Erst mal gibt es wieder 9% Steigung zum warm werden. Die letzten 10 km verlangen wirklich noch mal alles. Aber dann ist es geschafft. Fast. Nur noch 150NOK Eintritt trennen mich von der Nordkapphalle. Durch die Eingangstür sehe ich auf der anderen Seite der Halle den Globus. Das Symbol für das Nordkapp und der Punkt, der auf jeden Fall das Ende meiner dreiwöchigen Reise darstellt.
Am 25. Juli 2010. um 10:59Uhr stehe ich beim Globus am Nordkapp.
Die Freude an diesem so fernen Ziel angekommen zu sein überwältigt mich erst einmal.
Trotz des guten Wetters ist hier fast gar nichts los. Ich stehe alleine am Globus. Ein Motorradfahrer kommt angelaufen. Er ist seit Monaten mit dem Motorrad unterwegs. Er ist in Sibirien los gefahren und hat bis hier schlappe 22.000km auf seine Goldwing zurückgelegt.
Allmählich werden es auch immer mehr Touris. Auffällig viele ostdeutsch sprechende Touris, die sich aufführen, als gehöre ihnen der Globus. Warum nur muss man in den Globus klettern??
Etwas abseits vom Globus mache ist erst mal Vesper und plane wie der restliche Tag aussehen soll. Viel zu radeln gibt es ja nicht mehr. Irgendwie komisch… am Ziel zu sein.
Ich beschließe auf jeden Fall die Mitternachtssonne abzuwarten. Dieses Erlebnis werde ich mir nicht nehmen lassen.
Einen Campingplatz zu suchen lohnt sich nicht. Ich werde erst in Hammerfest schlafen, das ist sicher. Auch wenn das ein sehr langer Tag werden wird.
Zur Feier des Tages gibt es jetzt den „Instant-Rotwein“, den ich mal zum Geburtstag bekommen habe. Baah, schmeckt net grade toll. Etwas wie Glühwein, weil man das Zeug mit heißem Wasser anrühren soll.
Von anderen Bikern erfahre ich, dass sie schon seit Tagen in Honningsvag im Hotel hocken und auf gutes Wetter warten. Heute ist der erste schöne Tag seit einigen Tagen.
Der Rest des Tages verläuft eher öde. Hier am Nordkapp gibt es einfach nicht viel, was man sonst tun kann. Ich verbringe viel Zeit damit die versprochenen Postkarten zu schreiben.
Dann senkt sich die Sonnen ganz langsam immer weiter vom Himmel herab und das Schauspiel der Mitternachtssonne beginnt.