Freitag, 06.07.2012 — Hvammstangi – Saudarkrokur

Freitag, 06.07.2012 — Hvammstangi – Saudarkrokur
Tageskilometer: 110 km
Kein Regen, nur etwas Nieselregen, starke Bewölkung, windig (teilweise Rückenwind), 12°C

Auf dem Campingplatz in Hvammstangi traf ich Achim aus Berlin. Ich schätze, dass er 70 Jahre alt ist. Er kommt schon seit 20 Jahren jedes Jahr mit seinem kleine Mitsubishi Camper nach Island. Der kleine Camper ist übersät mit Island-Aufklebern. Eigentlich habe ich mich erst einmal über ihn geärgert. Steht er doch mit seinem Camper genau an einer sehr gut vom Wind geschützten Ecke des Campingplatzes. Für mein Hotel Hilleberg bleibt nur ein sehr zugiges Eck, in dem das Zelt vom Wind ordentlich durchgeblasen wird. Das Flattern des Zeltes nervt einfach hin und wieder beim Schlafen.
Als Achim ums Eck kam war er mir dennoch gleich sympathisch. Laut vor sich hin bruddelnd kam da ein alten Männle ums Eck. Er hat mir auch gleich den Grund seiner schlechten Laune erklärt. Er hat wohl grade einen deutschen Wohnmobilfahrer zur Sau gemacht, der den Inhalt seiner Chemie-Toilette ins Waschbecken entsorgt hatte. Also wirklich wahr, was für ein Ferkel! Dem hätte ich auch was erzählt. Für so etwas gibt es doch bei jedem Campingplatz eine Entsorgungsstelle. Nur hier waren es eben ein paar Meter zu laufen!
Im Hotel Hilleberg habe ich sehr gut geschlafen. Wie so oft war meine letzter Gedanke wohl wieder, dass das Zelt hoffentlich morgen früh trocken in den Bobby gepackt werden kann. Der Himmel sah aber leider nicht danach aus, als ich um 23 Uhr ins Zelt verschwunden bin. Gegen 6 Uhr weckt mich der Regen. Schade, wird wohl kein trockener Tag werden. Zum Glück regnet es nicht stark. Ich packe schnell mein Zeug zusammen und setze mich anschließend in aller Ruhe in den Frühstücksraum des Campingplatzes. Achim ist auch schon einige Zeit auf den Beinen. Wir sitzen im Frühstücksraum recht lange zusammen und unterhalten uns über seine Erlebnisse in Island. Er berichtet von ein paar guten Freunden, die hier über die Jahre gefunden hat. Bei einer Familie ist er wohl schon so was wie der Opa, der zur Familie gehört. Die haben ihm denn mal aus der Klemme geholfen, als er einen Unfall gebaut hat. Er ist wohl eingeschlafen und mit seinem Gefährt recht heftig in den Graben gefahren. Die Polizei kam und es gab richtig Ärger. Von wegen ausgelaufenen Flüssigkeiten und so weiter. Weil Achim aber kein Isländisch und kein Englisch spricht, war es schwer sich mit dem Polizisten zu unterhalten. Der konnte natürlich kein Deutsch. Der Ordnungshüter wurde allmählich wohl echt sauer. Da hat Achim bei der Familie angerufen und die haben dann übersetzt. Weil Island eben recht klein ist und doch irgendwie jeder mit jedem verwandt ist, hat sich herausgestellt, dass der Polizist wohl ein Auge auf die Schwester von Achims Freunden geworfen hat. Plötzlich war alles sehr entspannt. Die Familie hat einen Freund verständigt, der kam mit dem Trecker und brachte Achims Gefährt in die Werkstatt. Der Polizist hatte sich ohnehin längst schon wieder in seine warme Stube begeben und so hatte Achim richtig Glück in der Sache. Ihm selber ist bei dem Unfall zum Glück nichts passiert.
Nun muss ich aber wirklich los, sonst komme ich heute gar nicht mehr ans Ziel. Wegen des Eisbären-Alarm entfällt für mich die Runde über die Halbinsel Vatnsnes. Ich muss zurück zur „1“ fahren, damit ich weiter komme. Ich folge der Straße nach Nordosten bis Blonduos. Dann wäre hier die Möglichkeit die nächste Halbinsel in Angriff zu nehmen. Weil es auf Skagi so gut wie keine Übernachtungsmöglichkeiten gibt (weder Camping noch Pension) müsste ich zu den heute bereits gefahrenen 70 Kilometern nochmals weitere 113 Kilometer fahren um bis Saudarkrokur zu kommen. Das ist einfach zu viel für einen Tag. Aus diesem Grund entscheide ich mich dafür über die „744“ mit ein paar kleineren Pässen zu fahren. Damit sind es nur 41 Kilometer bis zum Ziel. Schnell stellt sich heraus, dass die Pässe gar nicht so ohne sind. Es geht schon recht steil bergauf. Zum Glück geht es auf der anderen Seite auch wieder runter. Genauso steil, so dass ich bei Tempo 62 km/h dann doch mal die Bremse benutze…
Für die kommenden Tage hat der Wetterbricht mal wieder einmal Regen angekündigt. Auf Radfahren im Dauerregen habe ich nur bedingt Lust und so suche ich mir eine Bleibe, in der ich vielleicht auch zwei Tage verbringen kann. Ich muss gar nicht so lange suchen. Nun das liegt sicher auch daran, dass die Alternativen nicht so üppig sind. In einem Hotel werde ich fündig. Klingt sehr teuer, war es aber nicht. Denn dort gab es sogenannte „Schlafsack-Unterkünfte“. Mehrbettzimmer und allem was dazu gehört. Nur Bettzeug gibt es eben nicht. Dazu hat man seinen Schlafsack. Das macht den Preis echt attraktiv! Außer mir kommt jedoch kein weiterer Gast ins Zimmer. So kann ich mich etwas ausbreiten und das Hotel Hilleberg trocknen. Waschtag ist auch mal wieder nötig und last but not least ist endlich auch Zeit um ein paar Postkarten zu schreiben.