Samstag, 14.07.2012 - Vopnafjödur – Egilsstadir
Tageskilometer: 93 km
Durchschnitt: 18 km/h
Sonnig, wenig Wind, auf dem Pass sehr kalt mit dichtem Nebel und Wind, 4°C
Den kaputten Fahrradschlauch zu flicken hat keinen Sinn mehr gemacht. Gleich vier große Löcher machten das gute Stück völlig unbrauchbar. Ich will den Schlauch aber vorerst nicht wegwerfen, sondern ihn als allergrößte Notreserve weiterhin mitnehmen, bis ich einen Ersatz finde. Flicken werde ich das Ding aber nur, wenn es absolut nicht anders geht. Ich muss etwas umsichtig sein mit Ersatzteilen, denn Fahrradgeschäfte gibt es hier nicht so viele. Geschlafen habe ich im Hotel nach dem gestrigen Tag wirklich sehr gut. Im Zimmer gab es sogar WLAN und ich konnte meine Speicherkarte des Smartphones leeren in Bilder und Videos in die Dropbox hochladen. Das hat zwar die ganze Nacht gedauert, aber lief eben während ich schlief. Alsbald ist mein Müsli-Frühstück gegessen und ich mache mich auf den Weg der nächsten Tagesetappe. Ich habe in der Nacht, oder vielleicht auch erst beim Frühstück nun endlich entschieden, welche Strecke ich im weiteren Verlauf fahren will. Ich nehme die „917“, auch wenn dort ein Pass auf mich wartet, der mit 14% und insgesamt 700 Höhenmetern nicht einfach zu werden scheint. Die Alternative wäre die „1“, aber auf diese Hauptstraße habe ich einfach keine Lust mehr. Zu oft gab es teilweise recht knappe Begegnungen zwischen mir und Wohnwagen-Gespannen. Die Fahrer scheinen leider nicht daran zu denken, dass der Wohnwagen deutlich breiter ist, als das Auto in dem sie sitzen. Und so gab es grade bei Gegenverkehr ein paar enge Situationen, in denen ich instinktiv meinen linken Ellbogen eingezogen habe. Die Fahrt auf der „917“ beginnt ganz gemütlich. Der Asphaltbelag ist sehr gut zu fahren und auch das erste Stück Schotterpiste. Dann beginnt der Tag jedoch schnell anstrengend zu werden. Es sind noch knapp 20 Kilometer, bis zum eigentlichen Hellisheidi Pass, aber die Strecke steigt trotzdem schon ganz ordentlich an. Nach einer kleinen Brück über einen Fluss beginnt der eigentliche Pass und somit richtig heftige Arbeit. Zum Glück sind die Temperaturen heute Morgen im niedrigen einstelligen Bereich… Die Steigung war schon wirklich sehr heftig. Im allerkleinsten Gang schaffe ich es mein Gespann aus Fahrrad und Anhänger in Fahrt zu halten. Hin und wieder rutscht mir das Hinterrad auf der Schotterpiste durch. Zu viel Drehmoment. Ich versuche solche Durchrutscher tunlichst zu vermeiden, denn die kosten Schwung und vor allem auch Kraft, weil es einen etwas außer Tritt bringt. Unterwegs habe ich nur sehr selten zum Fotografieren angehalten. Zum einen kühlt man schnell aus, weil der Wind teilweise recht scharf weht zum anderen ist es schwer wieder weg zu kommen. Zu rutschig ist der Schotter und zu steil der Weg. Außerdem bin ich jedes Mal aus meinem Rhythmus gekommen, was wohl das aller ungünstigste war, um solch eine lange Steigung zu bewältigen. Schließlich und Endlich bin ich aber oben angekommen. Leider wurden meine Bemühungen nicht mit einer grandiosen Aussicht belohnt, sondern mit Nebel und eiskaltem Wind. Einzig ein Autofahrer, der mich dort oben mit seinem Landrover überholt, hupt, winkt mir zu und zeigt mit dem Daumen nach oben. Damit ich nicht zu sehr auskühle mache ich mich gleich an die Abfahrt ins nächste Tal. Ich hoffe, dass es dort unter etwas wärmer ist als hier oben, denn ich friere wirklich saumäßig. Aber jetzt gibt es erst mal Wärme für die Bremsen, denn die gesamte Fuhre will auch wieder sicher zu Tal gebracht werden. Denn der Schotter ist bergab nicht besser oder einfacher zu befahren, als bergauf. Scheibenbremsen mit 200mm vorne und 180mm hinten sind das Größte was an mein Cannondale Flash-1er passt und ich bin froh, gleich beim Kauf diese Bremsen bestellt zu haben. Das Fading ist nicht ganz so stark, wie bei meinem alten Scott Nitrous10. Dennoch war die Abfahrt auch sehr anstrengend. Das viele und kräftige Bremsen geht sehr auf die Arme und die Handgelenke. Aber noch viel schlimmer ist die Kälte. Auch wenn ich warm angezogen war, so zieht die Kälte doch recht schnell durch die Kleider. Weil es nur bergab geht, fehlt die Wärmeerzeugung in den Oberschenkeln. Der eiskalte Wind und die fehlende Sonne tun ihr übriges. Im Tal angekommen fahre ich zügig weiter, um wenigstens wieder etwas Wärme zu produzieren. Nach und nach lässt sich auch die Sonn blicken. Je weiter ich weg bin vom Hellisheidi Pass, umso wärme scheint es zu werden. Als die Sonne richtig wärmt, ist es fast wie bei einem Solarauto. Plötzlich ist wieder jede Menge Energie da und man kommt zügig vorwärts in Richtung Ziel. Der Rest der „917“ war dann recht einfach zu fahren: Schotter und teilweise etwas Waschbrett. An der Einmündung zur „1“ war dann nochmals Arbeit angesagt. Es galt noch eine langgezogene Steigung zu bewältigen. In Egilsstadir habe ich ein paar Unterkünfte angerufen und nach eine Übernachtung gefragt. Denn es soll heute Nacht Regen geben. Leider ist bis auf das Hotel „Edda“ alles belegt. Und „Edda“ wollte 15.000 Kronen plus extra Geld fürs Frühstück. Nein danke, liebe Edda. Das war mir dann doch bei Weitem zu viel. Der nahegelegene Campingplatz hat auch alles was man als Radfahrer so braucht: Waschmaschine, Trockner, Dusche, (Stark-)Bier und Essen. In der Hoffnung, dass es morgen einfach nochmal schönes Wetter gibt, baue ich mein Zelt auf und schmiede Pläne für den nächsten Tag.
Hellisheidi Pass (Quelle: YouTube)