Donnerstag, 26.07.2012 - Göttingen – Leonberg
Sonne, Hitze ohne Ende
Ich habe wirklich sehr gut geschlafen in Göttingen. Es war gestern schon spät, aber so allmählich wird es Zeit, dass ich aus dem Bett komme. Es ist schon fast 9 Uhr. Pascal ist auch schon auf den Beinen und richtet das Frühstück. Wow, was für ein Service! Beim Frühstück vergeht die Zeit sehr schnell mit meinem Bericht über die Zeit in Island. Neue Pläne werden gesponnen für eine Wanderung in Island, die wir vielleicht mal machen wollen. Um 11:08 Uhr fährt der Zug. So langsam muss ich etwas auf die Uhr schauen, damit wir die Uhrzeit nicht verschwätzen. Ich packe (wohl zum letzten Mal in diesem Urlaub) meine Sachen zusammen und wir machen uns gemeinsam auf den Weg zum Bahnhof. Unterwegs legen wir noch einen Zwischenstopp im Supermarkt ein und kaufe mir etwas Proviant für die Zugfahrt. Es braucht immer erst ein paar Tage, bis der Dauer-Hunger nachlässt und man nicht mehr einfach nur „frisst, wie ein Scheunendrescher“. Wegen der Hitze gibt es keine Käse oder sonstigen Dinge die gekühlt werden müssen. Ich beschränke mich auf Brot und Kekse, was ja gar nicht so schlimm ist. Im DB-Reisezentrum ist die Hölle los. Ich muss mir ja dort noch eine Fahrradkarte kaufen. So ein Mist, denn die Schlange ist beinahe endlos. Mindestens 20 Leute sind noch vor mir dran. Und in knapp 20 Minuten fährt auch schon mein Zug. Das geht schief. Ganz klar! Ich ärgere mich ein wenig darüber, dass ich das nicht schon gestern erledigt habe. Da wäre alle Zeit der Welt gewesen, aber irgendwie habe ich einfach nicht daran gedacht. Da dreht sich plötzlich ein junger Kerl, der vor mir steht um und drückt mir seinen Zettel mit der Warte-Nummer in die Hand. Er hat vorhin selbst eine Nummer von jemand bekommen und hat jetzt eine Nummer übrig. Somit waren es auf einmal nur fünf Leute, die vor mir dran waren. Tja, was soll ich sagen? Es scheint also doch Engel oder gute Feen zu geben! Jetzt aber los! Ich schnappe mir Fahrrad und Anhänger und mache mich schleunigst auf den Weg zum Gleis. Im Zug stehen bereits ein paar Fahrräder. Es ist aber noch genug Platz für meine beiden treuen Begleiter. Der Umstieg in Erfurt klappt auch ohne größere Schwierigkeiten. Der Zug wird dort eingesetzt und so habe ich viel Zeit zum Einladen. Doch der Zug wird sehr voll. Auch an Zwischenstationen steigen viele Leute mit Fahrrädern ein und aus. In einer Kurve hinter Oberhof passiert dann schließlich ein sehr ärgerliches Malheur: Der letzte Reisende, der sein Fahrrad abgestellt hat, hat es nicht gesichert und in eben einer dieser engen Kurven fällt der gesamte Stapel Fahrräder um. Mein Rad liegt nun irgendwo in einem riesigen Stapel Fahrräder, die mit Einkaufskörben und Satteltaschen richtig schwer bepackt sind. Nicht gerade toll, für solch einen Leichtbaurenner, wie den Speedy! So ein Mist. Beim Aufrichten der Fahrräder verfängt sich dann noch eine Tasche in meiner Scheibenbremse. Zum Glück ist keiner der Brems- oder Schalthebel verbogen. Auch sonst kann ich auf den ersten Blick keinen Schaden erkennen. Aber ich bin wirklich stinksauer auf den Depp, der sein Fahrrad einfach nur dazugestellt hat, ohne sein Rad und die übrigen Räder zu sichern. Wie kann man nur so dumm sein? Ich erkläre ihm, dass er einen Fehler gemacht hat und bitte ihn in Würzburg zu warten, bis ich nachschauen kann, ob vielleicht eine Felge verbogen ist. Eigentlich wollte ich das Thema relativ lautlos aus der Welt schaffen. Wenn etwas kaputt ist, soll er es seiner Versicherung melden. Da wurde der Typ mit einem Mal richtig saublöd und pampig. Er schnauzt mich mit breitem Sächsisch an, dass es ja wohl mein Rad war, dass auf seinem Rad gelandet ist. Vom Thema Ladungssicherung will er nichts gehört haben. Ich sehe schon, mit Vernunft ist dem Typ nicht beizukommen. Da der freundlichen Worte noch nicht genug ist und der Idiot immer noch weiter pampig wird, spiele ich das Spiel nun einfach mal mit. Ich erkläre ihm nochmal in aller Ruhe, dass wir einfach in Würzburg aussteigen und ich am Bahnsteig mein Rad prüfe, während er im Zweifelsfall seine Sicht der Dinge schon einmal der Bundespolizei schildern kann. Ich halte mein Telefon in seine Richtung und frage ihn, ob ich ob schon mal dort anrufen soll, damit es nachher schneller geht. Weil ich nach seiner Reaktion auf meine Frage wirklich keine Lust mehr habe die Sache weiter zu vertiefen, drücke ich mir die Kopfhörer wieder ins Ohr und höre Musik. Ich habe zumindest versucht, dem Depp zu erklären, dass er einen Fehler gemacht hat, für den er im Zweifelsfall auch gerade stehen muss. Oh ist es schön, wieder in Deutschland zu sein… So schnell wie sich der Typ in Würzburg verdrückt hat, hätte man denken können, er müsste zu einem Feueralarm. Naja, zum Glück war an meinem Rad kein Schaden zu erkennen. Thema erledigt. Depp!!! Auch in Würzburg wird der Zug wieder frisch eingesetzt. Es ist somit genügend Zeit, um in aller Ruhe meine Sachen zu verladen. Anfangs ist der Zug nicht sehr voll. Es sind noch diese alten Wagen, ohne Klimaanalage aber mit Fenstern zum herunterschieben. So wird der glühend heiße Wagen mit heißer Luft von außen „gekühlt“. Zwischendurch helfe ich jemand beim Einladen seines Fahrrades und es ergibt sich ein interessantes Gespräch über „Couch-Surfen“ und Entwicklungshilfe in Laos. Ich bin froh über diesen netten Ausgleich zu dem Depp von heute Morgen. In Stuttgart angekommen überlege ich, ob ich mit dem Rad nach Hause fahren soll. Etwas Bewegung würde meinen Beinen gut tun. Aber bei der Hitze bin ich nicht grade motiviert. Die Umstellung vom kühlen Island zur Gluthitze hier in Deutschland strengt mich schon wirklich an. Also geht´s erst mal zur Haltestelle Schwabstraße, um beim Einstieg genügend Platz für mein Gespann zu haben. In der Stadtmitte steigen ein paar Kollegen vom Büro in den Zug ein. Die Gespräche drehen sich aber zum Glück nicht um irgendwelche Projektthemen, sondern mehr um meine Fahrradtour in Island. Tja, irgendwie scheint Island als Traum-Radreise-Ziel noch nicht so richtig etabliert zu sein. Die letzte halbe Stunde meiner Rückreise vergeht wie im Flug. In Leonberg hilft mir einer der Kollegen noch beim Ausladen. Der S-Bahn Fahrer wartet, bis ich alles aus dem Zug habe und wünscht mir noch einen schönen Abend. Dann geht es die letzten Meter nach Hause mit dem Rad weiter. Zu Hause angekommen gibt es erst einmal ein ordentliches Abendessen und dazu ein kühles Bier. Das kann ich jetzt wirklich gut gebrauchen. Anschließend mache ich mich daran, meine Sachen auszupacken. Der Schlafsack kommt zum Lüften gleich mal auf die Wäscheleine und ich schnell noch unter die Dusche. Och, wie nobel diese Dusche doch ist…