Sonntag, 17.09.2023 — Vila Real de Santo Antonio - Albufeira 

 

6. Tag
Wetter morgens: kühl, trocken, kein Wind, wechselhafte Bewölkung 
Tages-Kilometer: 109 km
Gesamt-Kilometer: 512 km
Durchschnitt: 20,4 km/h
Fahrzeit: 5h19
Wetter tagsüber: wechselhaft, vorwiegend sonnig, warm, wieder kräftiger Wind (oft Gegenwind)
Wetter abends: sonnig, aber kühl, kein Wind 
Abfahrt: 7:45 Uhr 
Ankunft: 16 Uhr 

Ich bin gestern Abend um 22 Uhr ins Bett gegangen und sofort eingeschlafen. In der Nacht habe ich nicht so gut geschlafen. Gegen 2 Uhr bin ich aufgewacht und konnte dann nicht wirklich gut schlafen. Ich bin immer wieder mal aufgewacht und wieder eingeschlafen. Woran das liegt weiß ich nicht. Vielleicht weil es draußen zu laut war? Irgendeine Lüftung machte die Nacht über etwas Krach.
Gegen 5 Uhr nervt mich eine Stechmücke. Ich suche das blöde Mistviech, kann es aber nicht finden. Also gut, dann stehe ich einfach auf und starte in den Tag. Ich bin gespannt, was die Etappe heute so bringt und wie Portugal so ist. Ich weiche mein Müsli ein, packe die ersten Sachen ein und schaue mit die Route für heute an.
Um 7:30 Uhr bin ich startklar und trage meine Sachen runter zur Haustüre. Bis ich alles verstaut habe, dauert es noch mal ein bisschen, so dass ich gegen 7:45 Uhr aufbreche. Es ist noch ziemlich kühl und ich bin wirklich froh, dass ich eine Weste angezogen habe. Die Sonne geht auf und die Stimmung an diesem Morgen und der Blick aufs Meer sind einfach herrlich. Ich freue mich sehr auf den Tag und die heutige Etappe. 
Der Weg führt heraus aus der Stadt durch einen Naturpark. Die Wege sind eigentlich zunächst ganz gut zu fahren. Dann folgt leider wieder ein sehr schlechter Weg mit viel Sand und Schotter. Am Schaltwerk nervt eines der kleinen Zahnräder. Es quietscht wirklich schrecklich laut. Das ist nicht nur nervig, sondern auch schlecht fürs Material. Und da ich erst am Anfang der Tour bin, sollte nichts kaputt gehen. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als eine geeignete Stelle zu finden, an der ich eine meiner Gepäcktaschen auspacken kann. Denn das Öl ist beim Werkzeug und weil ich unterwegs kein Werkzeug brauche (das jedenfalls hoffe ich), ist der Beutel mit dem Werkzeug ganz unten in der Gepäcktasche. Öl ans Lager vom Zahnrad und dann kanns weiter gehen. Ich packe alles wieder sauber zusammen und fahre weiter. Kein Quietschen mehr. Sehr gut!
Leider übersehe ich nur ein paar Kilometern weiter ein Schlagloch. Besonders schnell war ich auf diesem schlechten Weg ohnehin nicht unterwegs, doch offenbar trotzdem zum schnell für meinen Gepäckträger. Mit fällt ein eigenartiges Knarzen auf. Ich halte an und sehe schon beim Absteigen, dass der rechte Träger von meinem Gepäckträger nicht so aussieht, wie es sein sollte. Ach du liebe Zeit... Das ist der "worst case". Oder besser gesagt... Ich bin raus. Das Teil ist Marke Eigenbau. Aus Aluminium. Wo soll ich denn etwas finden oder jemand finden, der so etwas richten kann. Dazu noch am Sonntag morgen?!? Ich versuche erst mal möglichst viel Gewicht aus der Gepäcktasche zu nehmen und stecke so viel wie möglich in meinen Rucksack. Darüber ist mein Hintern natürlich überhaupt nicht erfreut. Aber wenn das hier nicht klappt, dann ist mein Hintern womöglich schneller zu Hause, als mir lieb ist. Mit einem kleinen Stock aus Holz einen einem Schnürsenkel aus Leder, den ich zufällig gefunden habe versuche ich den Träger zu stabilisieren. So fahre ich die nächsten 20 Kilometer. 

Ich komme immer wieder an illegalen Müllhalden vorbei, an denen die Leute leider allerhand Abfall einfach in die Landschaft werfen. Oft ist es Bauschutt, wie Fliesen, Ziegelsteine und dergleichen. An einer Müllhalde drehe ich nochmal um. Dort liegt nicht nur Bauschutt, sondern ein großes Ölfass und anderer Kram. Vielleicht ist ja etwas dabei, dass ich gebrauchen kann? Und tatsächlich. Es liegt ein kleiner Sicherungskasten auf dem Haufen, der noch eine kleine Hutschiene enthält. Die hat zwei Löcher und konnte mir vielleicht von Nutzen sein. Also hole ich Werkzeug und schraube die Hutschiene aus dem Kasten und packe sie ein. Dann fahre ich weiter.
 
Die Strecke des Eurovelo 1 ist hier in Portugal hervorragend ausgeschildert. Eigentlich brauche ich das GPS Gerät nicht. Hin und wieder stelle ich fest, dass das GPS Gerät noch eine alte Route hat, also folge ich den Schildern. 
Über viele Kilometer ist das wirklich super. Ich bin wirklich sehr überrascht wie gut das gemacht ist. Bis zu einer Brücke. Eine kleine Holzbrücke für Fahrräder. Es geht eine kurze Rampe hinauf, um einen kleinen Bach zu überqueren. Ich schaue kurz nach rechts zum Bach und muss eine Vollbremsung machen. Auf der anderen Seite der Holzbrücke gibt es keine Rampe. Die andere Seite ist mit Brettern verschlossen. Es gibt auch keinen Weg. Nichts. Hier ist einfach plötzlich Schluss. Keine Chance irgendwie weiter zu kommen. Es hilft nur umdrehen und zurück zu der Stelle fahren, an der sich die Route vom GPS Gerät und die Beschilderung trennen. Eine andere Möglichkeit bleibt nicht. Sind also mal drei bis vier Extra-Kilometer. Eigentlich nicht so schlimm, aber ich war einfach enttäuscht, dass der Weg einfach nur ins Nichts führt.
Die Route führt nun auf einer stark befahrenen vierspurigen Hauptstraße weiter. Die Sache mit dem Gepäckträger lässt mir leider keine Ruhe. Denn ich sehe, dass sich nicht nur das gebrochene Stück bewegt, der Träger biegt sich auch immer weiter nach innen, zum Rad hin. So kann ich nicht den restlichen Tag weiterfahren und schon gar nicht bis zurück nach Leonberg. An einer Bushaltestelle stoppe ich und fange an zu Schrauben. Die Hutschiene passt eigentlich perfekt als Ersatz für das gebrochene Teil. Ich muss die Löcher ein bisschen aufweiten, dann passt der Schnellspanner vom Hinterrad durch. Ich bin eigentlich sehr sehr glücklich, denn was für ein unglaublicher Zufall ist es, dass ich genau an der Müllhalde anhalte und dort dann auch noch den kleinen Kasten mit der Hutschiene finde. Eigentlich ist die Lösung sogar besser als zuvor. Das ist klasse und ich bin wieder voll im Rennen. Doch die Freude währt leider nur kurz. Beim Zusammenbauen stelle ich fest, dass auch noch eine Schweißnaht am Gepäckträger selber gerissen ist. Ach nein, das darf doch echt nicht wahr sein. Ich kann das Problem zunächst einmal mit einem Kabelbinder aus dem Mac Gyver Beutel lösen. Aber das ist alle eben nicht wirklich so, wie es sein sollte. Ich packe das Werkzeug wieder ein, hänge die Gepäcktaschen ans Fahrrad und fahre weiter. Es ist schon bald 15 Uhr und ich habe noch nicht einmal 100 Kilometer geschafft. So richtig Freude kommt heute auch nicht mehr auf. Also gibt es heute eine kurze Etappe und ich suche mir eine Unterkunft, die nicht mehr sehr weit weg ist. Die Unterkunft erreiche ich gegen 16 Uhr. Genug für heute. Ich muss noch ein bisschen warten, bis ich aufs Zimmer kann und fange schon mal mit dem Tagebuch an. 
Das Zimmer ist eine Ferienwohnung mit großem Balkon. Sehr schön. Ich muss heute unbedingt die Radlerklamotten waschen. Also nutze ich die Möglichkeit zum Wäsche waschen. Wäscheleine und Klammern sind ebenfalls im Mac Gyver Beutel. Dann dusche ich, esse zu Abend und mache das Tagebuch fertig. Ich will mir unbedingt nochmal den Gepäckträger anschauen. Selbst der neue Halter aus der Hutschiene scheint sich auch schon wieder nach innen gebogen zu haben, durch die enorme Belastung der Strecke. Ich muss mir wirklich etwas einfallen lassen. Mit kommen schon immer wieder Leute auf Mountainbikes entgegen. Aber mit viel Federweg und ohne Gepäck. Ich muss weg von diesen ganz schlimmen Schlagloch, Schotter und Sand Wegen. Sonst hält das Material nicht durch. Noch langsamer kann ich nicht mehr fahren, denn sonst kann ich wirklich zu Fuß nach Hause laufen. Also mal sehen, wie das weitergehen soll bzw wird.

Ich habe mir am Abend nochmal den Gepäckträger angeschaut und denke, dass der halten könnte. Schön wäre allerdings eine Schlauchschelle statt der Kabelbinder zu verwenden und ebenso wäre es sehr gut, wenn ich noch ein weiteres Loch in die Hutschiene bohren könnte, um mit einer weiteren Schraube den Gepäckträger mit der Hutschiene zu verbinden. Vielleicht finde ich eine Gelegenheit, um ein Loch bohren zu können. Eigentlich ein Hohn, mal eben zu Hause ein 4 mm Loch zu bohren und jetzt sitze ich da und überlege, wie ich das irgendwie hin bekomme. Aber nun ist es Zeit zum Schlafen. Es gleich 22 Uhr und ich bin wirklich sehr müde.