Mittwoch, 22.06.2022 — Bellinzona - Mergozzo
6. Tag
Wetter morgens: Regen, teilweise sehr kräftig, aber warm
Tages-Kilometer: 110km
Gesamt-Kilometer: 702km
Durchschnitt: heute keine Daten
Fahrzeit: heute keine Daten
Wetter tagsüber: viel Regen, in den Bergen kühl, zum Nachmittag allmählich trocken, im Tal deutlich wärmer
Wetter abends: trocken, aber sehr starke Bewölkung, kein Wind, kühl
Abfahrt: 9:30 Uhr
Ankunft: 17:30 Uhr
Heute Nacht habe ich endlich mal gut geschlafen. Um 4 Uhr bin ich aufgewacht und habe das GPS Gerät vom Ladegerät genommen und dafür mein Smartphone geladen. Gegen 6:30 Uhr stehe ich auf und starte gemütlich in den Tag. Um 8 Uhr gibt es Frühstück und anschließend will ich dann los. Heute soll es Gewitter geben. Mal sehen, dass ich dann eben irgendwo sicher bin und dann anschließend weiterfahren kann. Es wird heute durch die Berge um den Lago Maggiore gehen. Nicht so lang und hoch wie gestern.
Nach dem Frühstück kann ich gleich mal ein paar Regenklamotten anziehen, da es begonnen hat zu regnen. Mein Wunsch nach Regen in der Nacht ist nur teilweise in Erfüllung gegangen. Nun ja, es ist nur Regen. Ich bin allerdings froh, dass ich kein nasses Zelt habe, dass ich völlig nass einpacken muss. Das liegt zu Hause im Schrank.
Kurz nach meinem Start legt der Regen nochmal ordentlich zu. Zum Glück bin ich gut angezogen. Doch wie das eben so ist mit dem Regenklamotten: Irgendwann ist man (gefühlt) innen genauso nass wie außen. Außerdem muss ich heute meinen kleinen Tacho im Rucksack lassen. Denn der verträgt leider den starken Regen nicht, obwohl ich sonst sehr zufrieden damit bin. Also kann ich heute die Kilometer nur anhand des Track und mit den Aufzeichnungen des GPS Gerätes ermitteln. Blöd, aber ich kann es nicht ändern.
Bis Locarno regnet es ziemlich kräftig. Glücklicherweise ist die Strecke relativ flach und lässt sich gut fahren, wenn nur die Beschilderung vernünftig wäre. Wegen Baustellen gibt es Umleitungen und hier und da wird es echt kompliziert den richtigen Weg zu finden. Der Track im GPS Gerät endet ebenfalls in einer Baustelle. Immerhin: Die grobe Richtung stimmt.
Bis Locarno sind es 19 Kilometer. Inzwischen ist es später Vormittag. Ich mache dort nur einen kurzen Zwischenstopp. Ich esse ein paar Kekse aus dem Proviant und fahre dann weiter. Es gibt für mich zwei Möglichkeiten um weiter nach Süden zu gelangen: Entweder am Ufer des Lago Maggiore entlang, oder durch die Berge. Auch wenn es anstrengend ist, so entscheide ich mich für die Strecke durch die Berge. Zunächst bin ich mir nicht sicher, ob dies eine gute Entscheidung war. Denn der Track führt schnell weg von befestigten Wegen über Stock, Stein und Wurzeln. Alles halb so schlimm, wenn es trocken ist. Aber bei Regen sind blanke Steine und Wurzeln sehr rutschig und somit gefährlich. Zum Glück wird es nach ein paar Kilometern wieder einfacher zu fahren. Und zugegeben... Mit dem Bobby Anhänger am Fahrrad bin ich auf anderen Touren noch viel schlimmere Strecken gefahren, was mir der Bobby bislang zum Glück verziehen hat und nicht kaputt gegangen ist. Nachdem ich wieder Asphalt unter den Reifen habe geht es steil bergauf. Jetzt wird es auf jeden Fall Zeit um die meisten der Regenklamotten auszuziehen. Denn in Intragana jetzt beginnt die Arbeit. Ich lasse nur noch ein paar Überzieher für die Schuhe und die Gamaschen an, die das Wasser ein bisschen von den Beinen fern halten. Es ist zum Glück nicht die ganze Zeit so steil wie gleich am Anfang der Strecke. Die Route verläuft durch eine extrem beeindruckende Natur. Was mich ebenfalls begeistert ist die Schmalspur-Bahnlinie die von einem Tunnel über eine Brücke zum nächsten Tunnel führt. Unglaublich wie viel Arbeit und Planung in diese Bauwerke und in diese Bahnlinie gesteckt wurde. Dafür, dass es mir bei all der Steigung, Natur und Technik nicht zu warm wird sorgt der ständige Regen. Die Berge ringsum ragen sehr steil in die Höhe, immer wieder überqueren kleine Seilbahnen das Tal um Material zu transportieren. Wohin allerdings verliert sich meist in den dichten Wolken. Ich bin immer wieder so froh, dass ich hier in diese unglaublich schönen Umgebung unterwegs sein kann, dass es mich teilweise fast überwältigt. Hinter jeder Kurve eine neue wunderschöne Landschaft. Mal mit mehr oder weniger Wolken vergangen. Vielleicht sind es grade die Wolken, die der Landschaft noch mehr Eindruck verleihen? Die Dörfer hier sind klein und die Häuser meist karg. Ich glaube der Leben war hier früher extrem hart. Heute sind die Straßen perfekt hergestellt. Keine Schlagloch strapaziert unnötig den Hintern. Die Bahn fährt regelmäßig ins Tal, alles super.
Dann erreiche ich die Grenze zu Italien. Ich bin ehrlich gesagt ziemlich überrascht, als plötzlich Schilder mit "Zoll" an der Seite stehen. Und schließlich kommt noch eine verlassene Grenzstation, dann bin ich in Italien. Dass die auf dem Schild an der Grenze "Wilkommen" mit einem "L" schreiben ist mir absolut nicht aufgefallen. Was mir aber gleich aufgefallen ist, dass die Straße plötzlich zur Schlagloch-Strecke wurde. Keine tiefen Schlaglöcher, dafür aber umso mehr. Und wenig später fühle ich mich wie ein Streckenposten auf dem Solitude Revival, oder wie auf dem Nürburgring. Eine ganze Horde sehr teurer, hoch motorisierter, extrem lauter Luxus Sportwagen rast mir entgegen und verschwindet mit ein paar gewaltigen Fehlzündungen (auch wenn das wohl kein Fehlzündungen sind, sondern einfach nur Lärm den Männer mit extrem kleinen.... ZENSUR!!!!!) hinter der nächsten Kurve. So derart aus den Gedanken gerissen mache ich ne kurze Pause und esse ein paar Kekse. So kommen noch zwei oder drei solcher Horden vorbei, aber nun achte ich besser auf Lärm, der hier eigentlich nicht hingehört. Das Tal weitet sich allmählich und die Dörfer werden zu Städten. Oder besser gesagt Geisterstädte. Hier scheint wohl nur im Winter etwas los zu sein. Und dann geht's wieder runter ins Tal. Diesmal aber nicht über enge kleine Straßen, sondern über große Hauptstraßen, durch teilweise lange Tunnels. Im Tal fahre ich dann zum Lago Maggiore weiter und mache schließlich in Mergozzo Feierabend. Ich übernachte in einem Hotel. Etwas anderes habe ich gestern Abend nicht mehr gefunden. Und ich wollte heute auch nicht so lange fahren. Nachdem ich geduscht und gegessen habe kümmere ich mich das Fahrrad. Da ist heute unbedingt Technischer Dienst nötig, nachdem ich fast den ganzen Tag über im Regen unterwegs war. Außerdem mache ich mein Fahrrad ein bisschen sauber. Ich hänge noch die ganzen nassen Regenklamotten zum Trocknen auf, damit ich die morgen trocken einpacken kann. Dann muss ich noch meinen Fahrradhelm reparieren. Ein Band vom Verschluss ist durchgescheuert. Uff.... Nun ja, dann wird es wohl Zeit für einen neuen Helm. Nachdem ich das Tagebuch getippt habe gehe ich ins Bett. Es schon wieder spät!