Mittwoch, 20.08.2014 — Oltenita – Lipnita

Mittwoch, 20.08.2014 — Oltenita – Lipnita
Tageskilometer: 113 km
Durchschnitt: 23,2 km/h
Fahrzeit: 4:52 h
Sonnig, nicht ganz so heiß, etwas (Gegen-) Wind
In der Nacht bin ich hin und wieder vom jaulen und kläffen der Hunde aufgewacht. Das waren eine ganze Menge Hunde, die sich irgendwie gegenseitig angestachelt haben. Draußen ging in der Nacht ein ziemlich starker Wind. Vielleicht hat das die Viecher auch etwas unruhig gemacht. Nach dem Frühstück aus dem Proviant breche ich auf. Die richtige Straße erwische ich dieses Mal auf Anhieb. Von der Donau ist am Vormittag weit und breit nichts zu sehen. Der Weg führt durch zahlreiche Dörfer. Mittwochs scheint hier der „Zeugs-Anzünde-Tag“ zu sein. Überall in den Entwässerungsgräben zwischen Straße und Grundstück, oder in den Grundstücken brennen kleine Feuer. Das was da so vor sich hin brennt, ist natürlich alles außer Holz. Dementsprechend stinkt es und es beißt beim Atmen.
Interessant ist, wie unterschiedlich die Dörfer sind. Im einen Dorf ist alles neben der Straße wirklich völlig heruntergekommen. Die Häuser und Gärten sind wirklich desolat. Im nächsten Dorf haben sie Gehwege gepflastert, Blumenbeete angelegt und der Rasen vor den Grundstücken ist überall tipp top. Ich vermute, dass die Dörfer durch unterschiedliche Bevölkerungsgruppen geprägt sind. Ich erinnere mich an das ungarische Dorf in Serbien, wo ich so gut zu Abend gegessen hatte.
Auf der Straße 31 nach Calarasi ist noch einmal viel Verkehr. Trotzdem sidn die LKW sehr rücksichtsvoll. Auf den letzten Kilometern bis Calarasi kommt nun noch die „3“ hinzu. Jetzt ist wirklich verdammt viel los. Die Straße ist auch nicht sehr breit, so dass wenig Platz zum Ausweichen bleibt. Ein LKW überholt mich sehr knapp (wieder mal einer, den der Blitz beim Sch… treffen soll). Aber der Fahrer fährt auch sonst die weitere Strecke, soweit ich jedenfalls sehen kann, in Schlangenlinien. Nun ja, 40-Tonner fahren besoffen sicher auch viel Spaß auf diesen engen Straßen. Ich fahre eine Runde durch Calarasi und will mir anschauen, was es dort so zu sehen gibt. Auch hier gibt es wieder sehr viele Geschäfte entlang der Straße. Es gibt wirklich alles: Vom Sanitär-Händler über Secondhand bis zum Fahrradladen. Genug gesehen und so fahre ich weiter in Richtung Silistra.
Mit der Fähre geht es über die Donau. Ich überlege auf dem Weg dort hin, wie der Tag heute weitergehen soll. Gestern bin ich trotz vieler Steigungen oft im großen Gang gefahren und mein rechtes Knie hatte deswegen wohl irgendwann etwas zu maulen angefangen. Mein Hintern würde sich heute auch mal lieber aufs Sofa, als auf den Sattel setzen. Zudem liegt Silistra in Bulgarien und ich könnte so noch etwas von dem bulgarischen Geld los werden, dass ich noch bei mir habe.
In Silistra für heute Feierabend zu machen würde aber bedeuten, dass ich heute nur 80 Kilometer fahre. Das wäre schon echt wenig. Ich beschließe mit der weiteren Planung erst einmal abzuwarten, bis ich weiß, was aus der Überfahrt mit der Fähre wird. Vielleicht muss ich ja dort auch wieder ein paar Stunden warten. Diesmal gibt es keinen alternativen Weg. Dann ist aber auch in Silistra Schluss.
Überhaupt, was soll der Stress? Das ich das Ziel wohl innerhalb meines Zeitrahmen erreiche ist jetzt eigentlich klar. Darüber bin ich wirklich glücklich. Inzwischen sehe ich manche Dinge auch wirklich entspannt. Habe ich anfangs noch fast jeden Abend meine Fahrradklamotten gewaschen, so gilt jetzt eher das Motto: Steht noch nicht von selber, also kann man ´s nochmal anziehen. Solange das Sitzpolster sauber ist… Inzwischen habe ich einfach keine Lust mehr immer wie verrückt das ganze Zeug zu waschen und zu trocknen. Ich mache sonst ja fast nichts anderes mehr!
Lediglich das Schaltwerk am Speedy macht mir Sorgen. Ich habe irgedwann mal wieder nicht aufgepasst und das Gespann ist beim Rangieren aus dem Gleichgewicht gekommen. Dann drückt die Gabel vom Bobby gegen das Schaltwerk und verbiegt das Ausfallende, an dem das Schaltwerk befestigt ist. Ich habe das schon immer wieder mal hingebogen. Aber jetzt lasse ich das lieber bleiben. Keine Ahnung, wie oft das noch so geht, bis etwas bricht. Ich kann ja immer noch fünf bis sechs Gänge nutzen. Dazu habe ich noch die zwei Kettenblätter vorne. Das reicht eigentlich. Ich kann fahren und fahren ist genau das, warum ich hier bin!!!
Die Fähre fährt 10 Minuten nachdem am Anlegen angekommen bin ab. Was für ein kleines Ding und wie viele Autos die da drauf packen. In der Mitte noch einen Sattelzug und dann geht’s los. Uff, das Ganze sieht schon recht abenteuerlich aus. Gut, ich kann zur Not ja schwimmen. Ich muss zugeben, dass mir das Ganze zu Beginn wirklich nicht geheuer war. Aber alles gut! Nur locker bleiben und sich nicht unnötig anstellen. Eigentlich ist die Fähre doch echt lustig. Ein großes Ponton, das seitlich von einem Schiff gezogen wird und irgendwie am anderen Ufer an den Anleger buxiert wird. Die Rampen sind auch schon sehr verbogen, was den Fahrern teurer PKW den Schweiß auf die Stirn treibt.
Bald legen wir auf der anderen Seite an. Es ist noch früh am Nachmittag … 14Uhr. Ganz bestimmt werde ich jetzt noch nicht Feierabend machen. Wasser und Proviant habe ich genug dabei, so dass ich zur Not auch wieder irgendwo Zelten kann.
Die Straße „3“ auf dieser Seite der Donau ist kaum befahren. Die Strecke ist wieder recht hügelig und ich muss mich immer wieder an mein Versprechen ans rechte Knie erinnern: Kleine Gänge fahren. Nicht FFF. Schon allein die Landschaft lädt zum gemütlichen Fahren ein. Es ist traumhaft schön. Viele Weinberge gibt es hier. Und der Blick auf die Donau und die viele Wälder am Ufer ist von hier oben wunderbar. Es gibt zwischendurch herrliche Alleen, durch die zu fahren viel Spaß macht, weil es schattig ist dort. Kurz vor Lipnita gibt es eine gute Unterkunft. In der Karte ist nichts vermerkt. Aber warum sollte ich es nicht versuchen. Schließlich sind seit der Überfahrt mit der Fähre einige Kilometer hinzugekommen. Das „Zimmer“ haut mich fast aus den Fahrradschuhen. Der Preis war günstig, aber das Zimmer war eigentlich ein Appartment. Ich habe fast schon ein schlechtes Gewissen, als ich mich das zweite Mal auf dem Weg vom Wohnzimmer ins Bad verlaufe. Uff, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad und ein riesiger Flur…das bin ich irgendwie gar nicht mehr gewohnt. Ist gar nicht so camping-like… Aber was soll´s. Das gönne ich mir jetzt einfach und genieße den Abend.
Die nächsten Tagen werden wohl nochmal anstrengend werden, denn es wird einige Höhenmeter zu bewältigen geben.
Statistik:
Flusskilometer: 350
Gesamtkilometer: 3099