Samstag, 23.08.2014 — Tulcea
Tageskilometer: 0 km
Durchschnitt: 0 km/h
Heiter bis wolkig, windig, 22°C
Kilometer mit dem Fahrrad gab es heute keine. Es war Ruhetag! Das war auch gut so. Wie erwähnt hatte ich mich gestern nach einer Bootstour ins Donaudelta erkundigt und bin heute Morgen wie geheißen um 8:30 Uhr an der Anlegestelle. Der Vermittler dort entschuldigt sich und teilt mir mit, dass er heute keine 8 Stunden-Tour machen kann, sondern nur eine 5 Stunden Tour. Diese startet dann allerdings auch erst um 10:30 Uhr. Nun ja, erst bin ich nicht so erfreut darüber das zu hören. Erst fährt der nicht zum Kilometer Null und dann auch noch eine spontane Verkürzung der Tour. Aber was soll´s. Fünf Stunden sollten eigentlich auch genug sein.
Ich überbrücke die Zeit damit, dass ich auf die Suche nach Postkarten gehe. Ich hatte gestern schon etwas gefunden und wollte noch nach ein paar anderen Karten suchen, denn die Auswahl ist nicht sehr groß. Es blieb allerdings bei dem einen Geschäft. Mehr finde ich einfach nicht, was die Auswahl dann schon einfacher macht.
Ich komme gegen 10 Uhr zurück zum Anleger. Nun sind ein paar Leute mehr da, als am frühen Morgen. Wir warten noch auf ein Pärchen und fahren los, als die beiden endlich an Bord sind. Auf ins Donaudelta!
Der Kapitän scheint wirklich ein alter Haudegen zu sein. Er macht auf jeden Fall einen sehr freundlichen und erfahrenen Eindruck. Er lässt es mit der Fahrt aus dem Hafengebiet sehr ruhig angehen. An uns fahren zahlreiche Boote mit teilweise recht hohem Tempo vorbei. Um ehrlich zu sein, die fahren wie der Teufel. Die Leute in diesen Booten werden ordentlich durchgeschüttelt, müssen sich wie irre festhalten und sehen in ihren Schwimmwesten irgendwie etwas komisch aus. Unser Kapitän versucht den Wellen, die diese Raser erzeugen, möglichst gut auszuweichen. Während wir ganz entspannt an Deck sitzen und schon gespannt auf die Einfahrt ins Donaudelta warten. Wer also zum Kilometer Null möchte, der muss mit solch einem Schnellboot fahren. Es ist eben doch recht weit dort hin. Wie biegen bei der nächsten Möglichkeit in einen kleineren Seitenarm ab. Hier ist es schon deutlich ruhiger und so langsam öffnet sich der Blick für die Schönheit der Natur. Zu sehen gibt es eine undurchdringliche Wildnis, in der es vor Vögeln (Kormorane, Reiher, Storche und so weiter) nur so wimmelt. Es gibt Schwärme von kleinen Fischen ganz nah am Boot und es ist eine echt Wohltat die Natur einfach auf sich wirken zu lassen. Alles ist sehr beeindruckend. Es ist wirklich so: Man ist mit dem Boot zu Gast hier draußen im Donaudelta und darf sich das alles in Ruhe anschauen!
Irgendwann macht der Kapitän den Motor aus und es gibt Kaffee, bzw. Proviant zum Mittagessen. Nach einer kleinen Pause fahren wir dann wieder zurück. Die Stunden sind wirklich sehr schnell vergangen. Unterwegs machen wir noch den einen oder anderen Stopp, bevor wir schlussendlich wieder auf die Rennstrecke kommen. Hier rasen sie wieder wie die Verrückten. Die Raser nehmen auch keinerlei Rücksicht auf eine Gruppe Kajaks. Die werden ganz gewaltig durchgeschüttelt und die haben zum Teil zu kämpfen, damit sie im Boot bleiben. Nur unser Kapitän, der ohnehin schon sehr zurückhaltend unterwegs ist, der nimmt noch etwas mehr Gas weg, lässt die Kajaks in aller Ruhe passieren und gibt dann wieder Gas. Die schauen ganz ungläubig, dass einer wegen ihnen langsam tut…Tja, das ist eben ein Gentleman.
Im Nachhinein bin ich wirklich froh, nicht solch ein Schnellboot zum Kilometer Null genommen zu haben. Der Tag heute war so richtig zum Erholen. Eingeschlafen bin ich auch mal. Nämlich kurz nach dem Essen. Aber die übrigen Leute an Bord haben mich gleich wieder geweckt. Einer von denen rief „Kormoran…Kormoran“. Als ich erschrocken die Auge und nach den Vögeln Ausschau halte, grinsen sich die Leute einen und nicken in meine Richtung… Als wir am späten Nachmittag zurück sind mache ich meine Postkarten fertig und besorge mir was zum Abendessen. Komisch, so wenig wie heute habe ich schon lange nicht mehr gefuttert. Ich will jetzt noch schauen, wie es die nächsten zwei Tage weitergeht in Richtung Constanta. Meine Sachen habe ich schon halbwegs gepackt, denn morgen geht es dann wieder weiter. Meine Reise ans Schwarze Meer ist noch nicht ganz zu Ende. Morgen geht es dann aber in eine der letzten Etappen. Ich hoffe nur, dass sich der Wind legt, oder ich wenigstens einmal Rückenwind habe. Aber dies wird sich erst morgen zeigen. Heute ist erst einmal heute!
Radreise zum Schwarzen Meer 2014
Samstag, 23.08.2014 — Tulcea
Sonntag, 24.08.2014 — Tulcea – Constanta
Sonntag, 24.08.2014 — Tulcea – Constanta
Tageskilometer: 135 km
Durchschnitt: 23,1 km/h
Fahrzeit: 5:45 h
Erst sonnig, dann heftige Gewitter mit Wolkenbruch, später trocken und schwül, am Nachmittag wieder Gewitter, <23°C
Nach dem schönen Ruhetag gestern soll es heute gen Süden gehen. Constanta wäre als Ziel ganz nett, aber ob ich die Strecke wirklich an einem Tag fahre, lasse ich erst noch offen. Ich packe vor dem Hotel die Tasche in den Bobby und mache mich auf den Weg. Es gäbe eigentlich noch einen Schlenker über einige Dörfer zu fahren. Aber wie ich schon einmal beschlossen habe: Dörfer habe ich jetzt wirklich genug gesehen. Ich entscheide mich also für den direkten Weg nach Constanta. Mit dem Navi finde ich den Weg aus der Stadt recht schnell. Auf der weiteren Fahrt werde ich nach einer kräftigen und langen Steigung zum Aufwärmen mit einem kräftigen Gegenwind verwöhnt. Es ist wieder einmal schön anzuschauen, wie sich die zahlreichen Windkraftanlagen wie verrückt drehen und jede Menge grünen Ökostrom produzieren. Aber warum, verdammt, müssen die Naben wieder in meine Fahrtrichtung zeigen? Aber aufregen bringt ja überhaupt nichts. Es ist aber schon sehr merkwürdig: Fahre ich nach Norden, so kommt der Wind von Nord. Fahre ich wie heute nach Süden, so kommt der Wind aus Süd…? Ach, was soll´s!
In Sarichiol sehe ich zum ersten Mal das Schwarze Meer. Phantastisch! Nun bin ich bald am Ziel! Während ich in Gedanken versunken vor mich hin fahre überholt mich eine kleine einachsige Kutsche. Der Kerl ist mit seinem Pferd und der Kutsche echt zügig unterwegs. Hm, mal sehen, was die so drauf haben. Der Wind ist grade nicht so stark und ich eröffne das Rennen: Ein „MS“ gegen ein „PS“. Beide mit Anhänger und Ladung. Ich ziehe an dem Gespann vorbei und winke dem Kerl auf der Kutsche zu. Der schaut rüber und macht seinem Gaul gleich darauf mächtig Dampf. Ich kann erst einmal einiges an Boden gut machen. Aber dann kommen die in Fahrt und ziehen an mir vorbei. Nee, Junge…nicht mit mir. Jetzt aber mal wirklich FFF (full force forward). Ich kann wieder aufschließen und überhole erneut. Jetzt gilt es den Vorsprung auszubauen und das gelingt mir nur mit großer Mühe. Aber immerhin: ERFOLGREICH VERSÄGT!!!
Vor lauter Rennen bemerke ich gar nicht, wie sehr sich inzwischen der Himmel zugezogen hat. Ein kräftiger Donner holt mich aus meinem Siegesrausch wieder in die Realität zurück. Oh Mist, der Himmel rund herum ist tiefschwarz und Blitze zucken zwischen den Wolken. Uuups, jetzt ist mir klar, warum sich der Wind gelegt hat. Er mach nur eine kleine Verschnaufpause. Wenige Augenblicke später geht es auch schon los: Der Himmel öffnet seine Schleusen. Zum unterstehen gibt es weit und breit außer ein paar hoher Bäume nichts. Auch keine Option zum Unterstehen! Über eine Stunde fahre ich im strömenden Regen. Und wie das regnet! Auf den Straßen steht zentimeterhoch das Wasser und meinen Durst kann ich mir mit dem stillen, was mir an Regenwasser durchs Gesicht läuft. Weil der Regen auch so plötzlich kam, habe ich keine Chance gehabt die Regenklamotten anzuziehen. Beim Öffnen der Bob-Tasche, wäre alles darin abgesoffen. Ach und das Zeug müsste ich auch bloß wieder trocknen. Die Radler-Klamotten trocken am Körper bei Fahrtwind am besten. Aus meinen Schuhen schwappt schon nach kurzer Zeit das Wasser und als ich einen Fahren lasse habe ich das Gefühl, als blubbert es in der Hose. Aber das war noch nicht alles. Zum Regen kommt noch etwas Hagel und der der Gegenwind ist wieder stark aufgefrischt. Jetzt fitzen die Wassertropfen richtig heftig ins Gesicht. Ich komme in ein Dorf namens Jurilovca. Gerade noch rechtzeitig bevor ich das Gefühl habe zu ersaufen entdecke ich einen Unterstand im Ort. Helle Blitze und sofort darauf ohrenbetäubender Donner haben mir in den letzten Minuten schon ein recht mulmiges Gefühl eingejagt. In dem Unterstand steht noch ein Pärchen auch Italien, die mit dem Motorrad unterwegs sind. Ich leere das Wasser aus meinen Schuhen, breite meine klitschnasse Karte auf dem Tisch aus und futtere erst einmal ein paar Kekse, während das Gewitter nochmal alle Register zieht. Zum Glück habe ich jetzt wenigstens ein Dach über dem Kopf, auch wenn es keine Wände gibt.
Gleich neben dem Unterstand ist ein Hotel. Sehr verlockend und eine gute Option, sollte der sinnflutartige Regen nicht aufhören. Und im Augenblick ist keinerlei Besserung in Sicht. So bleibt mir Zeit für ein Vesper. Denn inzwischen merke ich, dass ich ordentlich Kohldampf habe. Nach und nach lässt der Regen nach. Ich kann es kaum glauben, dass nach ein paar Minuten die ersten blauen Stellen am Himmel zu sehen sind. Unglaublich, vor einer halben Stunde war hier noch Weltuntergang! Somit stellt sich mir jetzt auch die Frage, ob die durchfahre bis Constanta, oder hier im Hotel übernachte. Ich habe schon ein großes Stück geschafft, aber in solch ein Gewitter will ich heute nicht mehr hineinkommen. Wenn es trocken bleibt, dann bin ich auf jeden Fall auch trocken, wenn ich in Constanta ankomme. Aber bis Constanta sind es immerhin noch mindestens 70 Kilometer. Ich lege die völlig durchweichte Karte vorsichtig zusammen und entscheide, dass ich weiterfahren werde. Das ist zu schaffen.
Nun ja, der Gegenwind und einige Steigungen lassen mich bei der Weiterfahrt dann doch hin und wieder über diesen Entschluss bruddeln. Aber ich will schließlich auch vorankommen. Ich habe das Gefühl, dass es nur wenige Dörfer später ist, als plötzlich die große Raffinerie von Constanta in Sicht kommt. Wie, bin ich denn etwa schon da?
Nun, nicht ganz, aber fast! Es ist schon noch ein Stück zu fahren. Nach der Raffinerie geht es über einen Kanal und dann führt der Weg weiter über eine relativ „schmale“ Landzunge. Laut inzwischen etwas getrockneter Karte gibt es auf dieser Landzunge eine Pension oder Hotel am anderen. Inzwischen hat es schon ein paar Mal kräftig gedonnert und die ersten Tropfen fallen vom Himmel. Schnell halte ich an der nächstbesten Pension die einen guten, aber günstigen Eindruck macht. Nun günstig war der Laden nicht, aber ich sehe schnell, dass Constanta kein billiges Pflaster zu sein scheint. Obwohl ich noch knapp acht Kilometer vom Stadtzentrum entfernt bin. Hier ist Touri-Gebiet…
Während sich draußen erneut ein kräftiges Gewitter entlädt, trage ich meine Sachen ins Zimmer. Als der Regen endlich aufgehört hat, gibt es kein Halten mehr: Ich schnappe mir mein Rad und fahre auf kürzestem Wege ein paar hundert Meter zum Strand. Ich will jetzt ins Schwarze Meer. Der Sandstrand ist nicht weit. Der Sand ist schön weich und dunkelgrau. Das Wasser ist warm und die Wellen sind ordentlich hoch.
Was für ein tolles Gefühl im Wasser zu sein. Nach all den vielen Kilometern auf dem Rad ist nun wirklich das endgültige Ziel erreicht! Nach dreieinhalbtausend Kilometern und knapp vier Wochen bin ich an dem Ort angekommen, den zu erreichen ich mir irgendwann einmal als Wunschtraum vorgenommen habe. Es ist ein sehr schönes Gefühl, wenn so ein Traum in Erfüllung geht. Man muss bei anderen Träumen jedoch Realist genug sein und rechtzeitig davon ablassen, wenn man merkt dass diese Träume nicht umsetzbar sind.
Nach einer Runde im Schwarzen Meer, muss ich der Strandbar einen Besuch abstatten. Ein Bierchen darf es zur Feier des Tages schon sein. Ich genieße den Blick aufs Meer und den Horizont und versuche diesen Augenblick in mich aufzusaugen und für mich zu behalten. Aber da merke ich, dass mein Bier schon wieder leer ist. Mist…
Ich mache mich auf den Rückweg zur Pension um dort erst einmal das Salzwasser abzuduschen. Anschließend lasse ich mir eine Pizza schmecken. (Ja, was Besseres ist mir nicht eingefallen, denn ich hasse „Frutti de Mare“). Ich beschließe morgen vor Sonnenaufgang wieder am Strand zu sein. „Im Osten geht die Sonne auf“, so sagt das Sprichwort und diesen Sonnenaufgang will ich sehen!
Montag, 25.08.2014 — Constanta // Rückreise
Montag, 25.08.2014 — Constanta // Rückreise
Tageskilometer: 27 km
Sonnig, 25°C
Ich bin am Morgen sehr früh aufgestanden, weil ich den Sonnenaufgang auf jeden Fall anschauen wollte. Bei klarem Himmel war der Sonnenaufgang wirklich wunderbar schön!
Es war aber recht frisch an dem Morgen und so bin ich bald zurück in die Pension. Habe dort die Taschen gepackt und mich dann zügig auf den Weg ins Zentrum von Constanta gemacht.
Ich habe mir in den letzten zwei Tagen viele Gedanken gemacht, was ich von der Idee der Rückreise mit dem Bus halten soll. Was mir an der Sache einfach nicht so gefällt ist, dass der Bus in Constanta um Mitternacht abfährt. Dann hängt es immer auch von der Auslastung des Buses ab, ob mich der Fahrer samt Fahrrad und Anhänge mitnimmt. Wenn nicht, dan stehe ich irgendwann nach Mitternacht irgendwo in Constanta und muss mir für den Rest der Nacht eine Bleibe oder sonst einen Platz zum Übernachten suchen. Das Zelt am Strand aufzustellen wäre ein interessanter Gedanke!
Bus hin oder her, ich beschließe mit dem Zug erst einmal nach Bukarest zu fahren. Je nachdem kann ich dort immer noch versuchen einen Bus zu erwischen. Ich will erst einmal sehen, wie es mit dem Zug klappt. Ich kaufe mir ein Zugticket (inkl. Fahrradkarte) und in knapp zwei Stunden soll es schon los gehen. Ich hoffe, mit dem Bobby gibt es keine Probleme. Den habe ich mit einem Spanngurt verpackt und gesichert. So kann ich den Bobby samt Tasche einfach oben am Spanngurt packen und schnell in den Zug laden. Die Griffe der Tasche sind mir da etwas zu fragil. Durch das Verschnüren mit dem Spanngurt kommt auch niemand so leicht an den Inhalt der Bob-Tasche. So gerüstet heißt es nun erst einmal warten…
Die Fahrt von Constanta nach Bukarest war wirklich unproblematisch. Es gab spezielle Halterungen für Fahrräder und der Bobby fand direkt unter dem Sitz neben mir einen guten Platz. Weil alles so einfach und unkompliziert verlief, entscheide ich mich für die Weiterfahrt mit dem Zug. In Bukarest kaufe ich mir ein Ticket bis Budapest. Die „Dame“ am Ticketschalter war die Freundlichkeit in Person. So stelle ich mir die Arbeit im real existierenden Sozialismus vor: „Ist doch wohl Dein besch… Problem, wenn Du nach Budapest willst. Was gehst Du mir damit auf die Nerven?!“ Ich glaube die gibt diese Mitarbeiter-Motivations-Workshops für die Angestellten der Deutschen Bahn…!
Nun ja… Mit etwas gutem Zureden: sprich, ich reiche ihr auf ihr Zeichen (mit meinem freundlichsten Lächeln, dass ich mir in dem Augenblick abringen kann) die Kreditkarte rüber und bezahle ich das Ticket. Zu ihrem Großen Leid bin ich dann leider immer noch nicht verschwunden. Im Gegenteil, ich nerve weiter weil ich frage, was mit der angekündigten Fahrradkarte ist. Gibt´s nicht…im Zug selber regeln…noch was…?
Aha, danke. Ja, von welchem Gleis fährt denn der Zug?
Schau gefälligst auf die Anzeige. Woher soll ich das wissen?
Wann ist der Zug in denn in Budapest? Die Alte wird schon rot im Gesicht.
Viertel nach Neun…!
Danke, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag
Ich besorge mir noch etwas Proviant für die paar Stunden nach Budapest und warte anschließend darauf, bis das Gleis angezeigt wird. Noch 30 Minuten, dann geht es von Gleis 10 los in Richtung Budapest. Bin mal gespannt, ob die hier in Rumänien pünktlich fahren. Ich habe einen guten Platz erwischt. Gleich im ersten Wagen hinter der Lok. Ich muss am ganzen Zug entlang schieben und bin erstaunt über die vielen Schlafwagen, die der Zug hat. Ganz vorne bei der Lok packe ich den Speedy in den Vorraum des Großraumwagens. Dann hole ich den Bobby in den Zug. Perfekt. Alles an Bord. Ich stelle den Speedy quer vor den Durchgang zur Lok. Hier kann ohnehin niemand durch. Einen Übergang zur Lok gibt es nicht. Mit einer Kette sichere ich den Speedy gegen Umfallen. Sieht alles echt gut aus und stört eigentlich auch keinen beim Ein- und Aussteigen. Beim Bobby muss das Rad raus, damit er halbwegs unter den Sitz passt. Dann fährt der Zug los.
Nach einer Weile kommt der Schaffner. Jetzt wird es spannend. Er sieht das Fahrrad, schaut sich um und fragt in den Zug, wem das „Biccletta“ gehört. Ich melde mich und er erkundigt sich nach meiner Fahrradkarte. Ich erkläre ihm, dass mir die Dame am Schalter gesagt hat, ich solle das im Zug klären. Er verzieht das Gesicht und sieht nicht gerade glücklich aus. Dann vermerkt er Datum und Zugnummer mit Kugelschreiber auf dem Ticket, zeichnet es ab und geht zum nächsten Fahrgast. Mehr ist bislang nicht passiert. Naja, vier bis fünf Stunden nach Budapest, das wird schon passen.
Die Fahrt geht offenbar durch die Karpaten. Brasov ist ein Halt. Ich muss das zu Hause mal Googeln. Während der Wartezeit in Bukarest und nun während der Fahrt überlege ich die ganze Zeit, ob es sich lohnt noch nach 21 Uhr einen Zug von Budapest nach Wien zu suchen und das nächste Stück der Strecke auch noch heute in Angriff zu nehmen. Denn dann stehe ich laut Internet-Auskunft knappe fünf Stunden in Györ, bis der Zug am nächsten Morgen weiterfährt. Eigentlich keine so tolle Idee. Dann also eine Übernachtung in Budapest. Zur Not auf dem Campingplatz der Hinreise? Ach, eigentlich total traurig: Da fahre ich zwei Wochen mit dem Rad von Budapest bis ans Schwarze Meer und der Zug macht die Strecke in fünf Stunden.
Gelangweilt krame ich meine Sitzplatzreservierung aus dem Rucksack und schaue nochmal aufs Datum und die Uhrzeit. Warum nur steht da 09:15 Uhr, wenn es doch 21:15 Uhr heißen soll? Und außerdem warum der 26.08., haben wir heute denn nicht den 25.? Ach du liebe Zeit, wie blöd! Die Frage der Übernachtung in Budapest hat sich somit geklärt. Nun verstehe ich auch die Sache mit den vielen Schlafwagen. Gut, dann laufe ich jetzt mal in den Speisewagen, hole mir ein Bier und mache es mir heute Nacht im Zug mal richtig bequem…