Freitag, 18.11.2011 - Franz Josef Gletscher

Sonnig, kalt

 

Der heutige Tag beginnt schon um 6 Uhr. Wir haben gestern Abend noch beschlossen, dass wir die Ganztages-Tour heute mitmachen wollen. Das Wetter sieht hierzu bis jetzt eigentlich ganz gut aus. Um unsere beiden Zimmergenossen nicht zu sehr zu stören haben wir die meisten Dinge für unsere Wanderung bereits gestern Abend zusammengepackt. Wir machen uns nach dem Frühstück sehr zügig auf den Weg zur Agentur, um uns noch für die Wanderung anzumelden. Es ist schon recht viel Betrieb in dem Laden. Aber zum Glück haben wir noch die Möglichkeit bei der Tour mitzugehen. Nachdem wir dafür unterschrieben haben, dass wir weder schwanger, besoffen oder sonst irgendwie zugekifft sind, bekommen wir die Ausrüstung. Regenhose, Regenjacke und Crampons. Letzteres sind Eiskrallen für die Schuhe. Weil ich ja nicht weiß, was alles auf mich zukommt bei der Gletscher-Wanderung stopfe ich die gesamten Utensilien erst einmal in meinen Futter-Rucksack und laufe zusammen mit Daniel zum Bus. Es soll sehr sehr kalt sein auf dem Gletscher sagen die Leute ständig. Komisch nur, die Guides laufen allesamt in kurzen Hosen und T-Shirt herum. Ich bin dich angezogen und habe noch mehr warme Klamotten im Rucksack. Dann scheint mir die Sache von wegen sehr kalt wohl doch ein wenig übertrieben. Mit jedenfalls reicht mein Hemd, ohne Jacke völlig aus. Zuerst geht es ein Stück weit über normalen Fels, bis wir schließlich den Gletscher erreichen und die Crampons anlegen. Das Eis um einen herum schimmert im gleichen Blauton die der strahlend blaue Himmel über uns. Das ist echt faszinierend. Überall um mich herum ist Eis. Unser Guide Chris (alias Avatar) erzählt sehr viel über die Entstehung von Gletschern und auch über die Entstehung der Neuseeländischen Alpen. Der Franz Josef Gletscher hat in den letzten Jahren wieder an Länge zugelegt anstatt verloren. Diese Entstehung will ich auch hier kurz festhalten: Weil der Wind die aus dem Pazifik aufsteigende Feuchtigkeit in Richtung Neuseeland befördert bleiben große Massen an feuchter Luft an der Westseite der Südalpen hängen. Aus diesem Grund fallen dort im Jahr bis zu 6.000mm Niederschlag. In der Gegend des Franz Josef Gletscher sind es teilweise sogar bis zu 16.000mm Niederschlag pro Jahr. Das ergibt dann bis zu 40 Neuschnee pro Jahr. Dieser Neuschnee stapelt sich in der Brutstätte des Gletschers. Weil durch das große Gewicht dieser Schneemassen eben irgendetwas nachgeben muss, drückt das Eis aus der Brutstätte des Gletschers den Berg hinunter. Beim Franz Josef Gletscher können das bis zu 10 Meter pro Tag sein. Zur Zeit bewegt sich der Gletscher aber nur mit einer Geschwindigkeit von 1 … 2 Meter pro Tag in Richtung Tal. Eis, das von der Brutstätte aus in Richtung Tal wandert, braucht somit ca. 75 Jahre bis es die Strecke bis ins Tal überwunden hat. Die Größe, die Breite, die ungefähre Masse und das gespeicherte Wasservolumen des Gletschers konnte ich mir leider nicht merken. Das waren einfach zu viele Zahlen. Sorry… Doch zurück zur Tour. Wir laufen durch zahlreiche enge Spalten. Treppenstufen aus Eis erleichtern den Aufstieg. Überall schimmert das blaue Licht des Gletschers. Es gibt sogar eine kleine Höhle, die durch Schmelzwasser und warmen Wind geformt wurde. Durch diese ca. 8 Meter lange Röhre können wir durchkriechen. Es ist zwar etwas nass, aber trotzdem etwas Besonderes. Innen ist es völlig glatt. Das Licht schimmert blau und von der Decke tropft etwas Wasser. Es ist ziemlich kalt dort drin. Man merkt eben doch, dass die Röhre aus Eis besteht. Anschließend führt die Wanderung weiter den Gletscher nach oben. Gegen Mittag sitzen wir auf einer großen Gletscherfläche. Von Weitem sieht das aus, wie ein gefrorener Wasserfall. Die Fläche ist nicht einfach nur schneeweis, sondern sie hat eine Struktur, die an fließendes Wasser erinnert. Jetzt ist erst einmal Vesper angesagt. Wir machen eine gemütliche Rast und futtern von unserem Proviant. Anschließend geht es gut gestärkt den Gletscher noch weiter nach oben. Hier ragen nun steile Wände aus Eis oft mehr als 10 oder 15 Meter in die Höhe. Diese Eiswände zu überwinden ist nun wirklich gar nicht mehr so einfach. Chris sucht mit seinen Kollegen nach einem anderen Weg, der vielleicht einfacher zu gehen ist. Die Verhältnisse ändern sich ja ständig, weil der Gletscher ebenfalls permanent fließt. Bei der Suche entdecken die Leute noch eine weitere Röhre, durch die wir durch können. Schließlich haben wir den höchsten Punkt unserer Wanderung erreicht. Es ist inzwischen schon 15 Uhr und wir machen uns an den Abstieg. Nach anderthalb Stunden haben wir wieder festen Boden unter den Füßen und können die Crampons abschnallen. Nochmals eine halbe Stunde später sind wir am Bus und zurück auf dem Weg in die Stadt. Nachdem wir unsere Sachen abgegeben haben, bekommen wir einen Gutschein für die „Hot Pools“ in Franz Josef. Nach einem üppigen Abendessen, bei dem Daniel und ich sehr viel über die Erlebnisse des heutigen Tages sprechen kaufen wir neuen Proviant für die nächsten Tage. Anschließend baden wir in den „Hot Pools“ die mit Temperaturen zwischen 36 … 40 °C wirklich sehr warm sind. Das war heute schon ein sehr erlebnisreicher Tag hier in Franz Josef!