Sonntag, 20.11.2011 - Punakaiki – Nelson

Leichter Regen, 10°C, Abends trocken, 12°C

 

Die Nacht im Zelt war ganz o.k. Mein Schlummertrunk vom Abend hat seinen Zweck erfüllt. Ich müsste nun in Zukunft vor dem Schlafen daran denken ein Kopfkissen zu verwenden. Denn dann würde ich nicht direkt auf dem Ohr liegen und das würde mir dann auch nicht nach der Hälfte der Nacht so tierisch wehtun. Ich korrigiere diesen Missstand, als ich in der Nacht mal aus dem Zelt gekrochen bin, um die Wiese zu gießen. Das gleichmäßige Rauschen des Pazifiks hat mich anschließend recht schnell wieder in den Schlaf geschickt. Gegen Morgen fing es dann leicht an zu regnen. Schade, denn dann wird sich der Tag etwas in die Länge ziehen, bis unser Bus heute Nachmittag in Richtung Nelson abfährt. Nach dem Frühstück packen wir das Zelt zusammen, machen die Rucksäcke startklar und setzten uns noch eine Zeit lang auf eine gemütliche Bank am Campingplatz. Wenig später setzt Nieselregen ein und vertreibt uns von dort. War es wieder nichts mit Lesen und Faulenzen. Aber wenigstens sind die ersten Postkarten von mir schon auf dem Weg nach Deutschland. Da der Reger immer stärker wird, beschließen wir lieber jetzt als später zur Bushaltestelle zu laufen. Es ist ein ordentliches Stück zu laufen bis dahin. Besser jetzt, als nachher im strömenden Regen. Gegenüber der Haltestelle gibt es ein kleines Kaffee mit einer großen überdachten Veranda. Dort lassen wir uns im Freien nieder, weil wir wirklich nicht geschlagene vier Stunden in dem Kaffee herumsitzen wollen. Dann nach unserem leckeren Frühstück haben wir beide keinen großen Hunger auf Kaffee und Kuchen. An einem Tisch direkt neben uns sitzt eine ältere Dame und liest in ihrem E-Book. Weil ich etwas neugierig bin, werfe ich einen Blick in den Text und stelle fest, dass die Dame einen deutschen Text vor sich hat. Oh, na irgendwie habe ich jetzt aber keine Lust mich mit jemand auf Deutsch zu unterhalten. Es ist noch Vormittag, ich bin vielleicht doch etwas grätig vom Besuch in der Taverne und das Regenwetter lässt meine Kommunikationsfreude auch nicht grade zur Hochform auflaufen. Aber irgendwie kommen wir mit „Ulla“ dann doch sehr sehr gut ins Gespräch. Worüber ich im Nachhinein auch sehr glücklich bin! ULLA: Die gute Dame kommt ursprünglich aus Deutschland. Sie ist inzwischen 70 Jahre jung (alt würde es wirklich nicht treffen!) und lebt inzwischen in Australien. Sie möchte dort aber ihre Zelte abbrechen und nach Neuseeland auswandern. Was Ulla so interessant macht, sind die viele Erlebnisse, die sie schon mit dem Fahrrad gemacht hat und wo sie schon überall war. Ihr gutes Stück steht direkt vor uns auf der Veranda. Ein Meisterstück von Velotraum aus Weil der Stadt. Sie hätte schon viele anderen Fahrräder gehabt, aber für ihre letzte Tour, die sie unternommen hat, wollte sie ein wirklich gutes und zuverlässiges Rad haben. Die großen Fahrrad-Hersteller konnten ihr aber nicht wirklich das bieten, was sie haben wollte. Zudem musste es das neue Rad auch relativ schnell bei Ulla in Australien ankommen. Velotraum konnte nicht nur die zahlreichen Wünsche von Ulla erfüllen, sondern darüber hinaus auch noch eine Lackierung in ihrer Wunschfarbe liefern. Seit dem schwört sie auf Velotraum. Nun, welche Tour hatte sie denn gemacht, wollte ich wissen. Sie ist erst vor ein paar Jahren mit dem Rad von Peking nach Deutschland gefahren, um dort ihr Kinder und Enkel zu besuchen. Wow, das verlangt mir wirklich den größten Respekt ab! Sie erzählt viel über ihre Erlebnisse und Gefahren auf dieser Reise. Aber sie erzählt auch von Orten, die für sie die schönsten Orte waren, die die jemals zu Gesicht bekommen hat und von dem Gefühl, dass man nach all diesen vielen schönen Erlebnissen aus dem Leben scheiden könne, ohne traurig zu sein, dass der Zeitpunkt schon JETZT gekommen ist. So kann wirklich nur dann jemand sprechen, der mit sich und seinem Leben im Reinen ist. Das ist irgendwie schon beneidenswert. Ulla ist mittlerweile überall und nirgends mehr zu Hause, sagt sie. Ihren Kindern gefällt das gar nicht, aber es macht diese Dame schon sehr interessant. Schade, dass sie schon früher ausgestiegen ist und wir uns nicht noch länger unterhalten konnten.