Radreise nach Gibraltar – 2022
Sonntag, 19.06.2022 — Neuenburg am Rhein - Aarau
3. Tag
Wetter morgens: sonnig und sehr warm. Keine Wolke am Himmel. Kein Wind
Tages-Kilometer: 94,8km
Gesamt-Kilometer: 346km
Durchschnitt: 19,4km/h
Fahrzeit: 4h51
Wetter tagsüber: sonnig und sehr heiß, in den Bergen etwas Wind
Wetter abends: heiß, kein Wind nur brütende Hitze
Abfahrt: 9 Uhr
Ankunft: 15 Uhr
Ich bin gestern Abend noch lange dran gesessen und habe die Route angeschaut und überlegt, wo ich übernachten kann. Denn in der Schweiz ist es nicht so billig und außerdem ist das mobile Internet sehr teuer. Und das brauche ich natürlich, wenn ich unterwegs eine Unterkunft buchen möchte. Also buche ich die erste Unterkunft schon einen Abend im Voraus. Dafür mache ich die Etappe auch nicht so lang. Der erste große Anstieg auf 700 Meter steht bevor. Dann bin ich gegen 23 Uhr ins Bett gegangen und sofort eingeschlafen. In der Nacht bin ich mal gegen 4 Uhr aufgewacht und habe das GPS Gerät kontrolliert und vom Ladegerät genommen und dafür mein Smartphone geladen. Dann habe ich nochmal geschlafen bis um 6:30 Uhr.
Ich weiche mein Müsli ein und starte in den Tag. Die Taschen packen, Zähne putzen, Tagebuch tippen und so weiter. Die Wäsche, die ich gestern Abend gewaschen habe ist trocken. Kein Wunder bei der Wärme im Zimmer. Nach dem Frühstück packe ich die restlichen Sachen zusammen, fülle die Flaschen und trinke nochmal ordentlich Wasser. Dann kanns los gehen, Richtung Basel.
Zunächst führt der Weg aus Neuenburg hinaus. Bald erreiche ich ein großes Naturschutzgebiet entlang des Rhein. Hier gibt es heute Vormittag noch viel Schatten und die Fahrt macht wirklich Spaß. Die Strecke ist gut zu fahren, auch wenn wieder alles sehr staubig ist. Weil am Rhein und Basel gehen eigentlich fast nahtlos ineinander über. Der Weg führt über eine Brücke und dann bin ich in der Schweiz. Nachdem ich die Großstadt hinter mir gelassen habe wird es auch wieder ruhiger, wenngleich die Hitze wieder enorm ist. Der Fahrtwind kühlt eigentlich nicht wirklich. Unterwegs fülle ich an einem Brunnen einen Teil meiner Flaschen auf. Nach einer kurzen Rast fahre ich weiter. Muttenz, Pratteln, Liestal, Sissach. Dann beginnt die Bergwertung. Knapp 500 Höhenmeter sind zu machen bis zur Rohrer Platte. Der Aufstieg ist wirklich schweißtreibend. Zum Glück habe ich genug Wasser dabei. Auf der Straße ist wenig Verkehr, so dass ich ganz entspannt vorankomme und immer wieder mal Wasser trinke. Auf der Höhe weht ein leichter Wind, der aber auch nicht kühlt.
Dann geht's teilweise steil bergab und weiter Richtung Aarau. Die letzten Kilometer bis zum Ziel führen entlang der Aare. Hier wimmelt. Es heute vor Menschen, die eine Abkühlung im Fluss suchen. Die Unterkunft in Aarau liegt direkt am Bahnhof. Leider auch mit direktem Blick auf den Busbahnhof. Der riesige Platz scheint förmlich zu glühen. Im Zimmer ist es nicht weniger heiß. Und die zahllosen Idioten mit unglaublich lauten Autos und Motorrädern lassen die Fenster vibrieren. Nun ja. Ich mache mir nun erst mal etwas zum Essen aus dem Proviant. Heute ist Sonntag und die Geschäfte sind geschlossen. Anschließend dusche ich und erhole mich ein bisschen von der Hitze. Zum Glück habe ich heute eine etwas kürzere Etappe gehabt. Ich kläre anschließend noch wie ich bezahlbares mobiles Internet in der Schweiz nutzen kann und plane auch die weitere Route über den Gotthard. Morgen bin ich aber noch nicht am Gotthard, sondern erreiche den Vierwaldstättersee. Ich denke ich werde mich morgen mal ein bisschen mit dem Schiff über den Vierwaldstättersee fahren lassen und ein paar einfache Kilometer machen, bevor es dann über den Gotthard geht.
Montag, 20.06.2022 — Aarau - Flüelen
4. Tag
Wetter morgens: leichte Bewölkung, sehr warm
Tages-Kilometer: 115
Gesamt-Kilometer: 462
Durchschnitt: 20,4km/h
Fahrzeit: 5h37
Wetter tagsüber: sonnig und sehr warm. Nicht mehr ganz so heiß.
Wetter abends: immer noch sehr warm.
Abfahrt: 8:45 Uhr
Ankunft: 17:15 Uhr
Die Nacht in diesem Hotel war schrecklich. Kurz bevor ich ins Bett gegangen bin erreicht mich noch die unfassbare Nachricht, dass ein THW Kamerad gestern mit dem Motorrad tödlich verunglückt ist. Ich habe viel mit ihm zusammen gearbeitet und kannte ihn auch von der Arbeit her, weil er auch Boschler war. Die Sache hat mich sehr beschäftigt und macht mir auch jetzt immer noch zu schaffen. Es ist einfach unfassbar!
Geschlafen habe ich heute Nacht kaum. Ich stehe gehen 6:30 Uhr auf dusche weil ich in der Nacht sehr stark geschwitzt habe und gehe dann zum Frühstück. Ich freue mich auf die Etappe nach Luzern und weiter zum Vierwaldstättersee. Ein paar leichte Wolken am Himmel geben die Hoffnung, dass es heute nicht ganz so heiß wird. Mal sehen. Im Augenblick läuft mir schon beim Zähneputzen der Schweiß am Körper runter.
Um 8:45 Uhr fahre ich los. Das Hotel war wirklich schrecklich. Den einzigen Menschen., den ich dort gesehen habe war die Frau, die das Frühstück nachgefüllt hat. Sonst gab es dort nur einen Computer für den Check-In. Nun ja, super modern, aber eben auch super unpersönlich. Dank GPS Gerät finde ich den Weg schnell raus aus Aarau. Hinter der Stadt führt der Weg noch durch einige Vororte. Doch dann wird es ländlicher und allmählich kommen die ersten hohen Berge in Sicht. Die nächste größere Stadt ist Sursee, die ich eigentlich bislang nur aus Fahrradmarke kannte. Der gleichnamige See ist recht groß und auch heute wieder füllen viele Menschen die Ufer und das Wasser. Es ist immer noch sehr warm, aber nicht mehr so irrsinnig heiß wie in den letzten Tagen. Irgendwann komme ich an einen großen Zentrum für Zivilschutz vorbei. Das Trümmergelände ist wirklich ganz groß. Jedenfalls was ich von weitem erkennen kann. Denn zu sehr will ich da nicht glotzen. Ich fahre weiter und komme wenige Kilometer an einer Landebahn vorbei, die irgendwie mitten zwischen Feldern liegt. Aber alles hat was man wohl so braucht, um Kampfflieger starten und landen zu lassen. Befeuerung, oder wie auch immer man die Lampen nennt, die den Fliegern zeigen wo die Landebahn ungefähr beginnt, ein großes Netz aus Gummi- / Stahlseilen wohl für den Fall, dass mal einer doch nicht rechtzeitig zum Stehen kommt.... Wie auch immer. Vielleicht habe ich ja zu viele Reportagen im TV gesehen über die Verteidigung der Schweiz...?? Heute morgen vor dem Hotel sind gleich mehrere Kerle in Uniform und mit Gewehr vom und zum Bahnhof gelaufen. Na ja. Irgendwie hat sich da ein bisschen das Bild der Schweiz als "das Nordkorea Europas" geprägt. Auf keinen Fall im Hinblick auf Menschenrechte und Freiheit. Aber was die eben so im Verborgenen tun... Nun ja. Ich hoffe man nimmt mir den Gedanken nicht übel und die Verschlüsselung bei WhatsApp funktioniert tatsächlich. Sonst schicke ich mal lieber keinen aktuellen Standort mehr per WhatsApp...
Pünktlich zum Mittagessen erreiche ich Luzern und den Vierwaldstättersee. Zeit zum Mittagessen. Ich halte an einem Imbiss und bestelle eine Veggi Döner. Klar weiß ich, dass die Schweiz teuer ist, aber dass ein Veggi Döner 12 Franken kostet ist heftig. Nun ja. Hunger..... Dann geht's weiter um den Vierwaldstättersee. Ziemlich nobel und teuer sieht es dort an vielen Stellen aus. Höhe Zäune und Mauern schützen vor.... Was denn eigentlich??? Egal! Ich erreiche die Autofähre in Beckenried und setze über nach Gersau. Von dort fahre ich dann weiter mit dem Fahrrad. Die Strecke ist gut zu fahren und ich habe eine schöne Aussicht auf den Vierwaldstättersee. Entlang der Axenstraße ab Brunner ist leider sehr viel Verkehr und die Straße verläuft direkt am Radweg. Oder der Radweg verkauft direkt an der Straße. Je nachdem wie man das eben sieht. Aber weil ich gerne durch Tunnels fahre mit dem Fahrrad was das schon auch interessant. Auch wenn es laut war. Schließlich erreiche ich Flüelen. Die Unterkunft finde ich auch schnell. Die Besitzerin ist sehr freundlich. Das tut gut, wenn man wieder einen mensch gegenüber hat und nicht nur einen Bildschirm. Ich lade mein Gepäck ins zimmer und fahre noch in den nahegelegenen Supermarkt. Ich will noch etwas zum Abendessen und Proviant für morgen kaufen. Grundnahrungsmittel sind hier doch nicht so teuer. Als ich wieder in der Unterkunft bin dusche ich, kümmere mich um die Wäsche und mache mir dann endlich was zum Abendessen. Bis alles erledigt ist vergeht der Abend sehr schnell. Es wird höchste Zeit fürs Bett. Es ist nicht mehr ganz so heiß im Zimmer, doch unterm Fenster ist die Terrasse der Gaststätte von der Unterkunft und da ist heute viel Betrieb....
Dienstag, 21.06.2022 — Flüelen - Bellinzona
5. Tag
Wetter morgens: bedeckt, aber warm.
Tages-Kilometer: 131km
Gesamt-Kilometer: 592km
Durchschnitt: 19,6km/h
Fahrzeit: 6h38
Wetter tagsüber: auf der Nordseite vom Gotthard leichte Bewölkung, dann wieder Sonne und zwischendurch ein paar Tropfen Regen, angenehme Temperaturen,
Auf der Südseite, starke Bewölkung, sehr starker (leider) Gegenwind, auf dem Pass kühl, je weiter im Tal umso wärmer wurde es. Die Hitze ist zurück...
Wetter abends: gleich nach meiner Ankunft in der Unterkunft leichter Regen, am Abend Gewitter, sehr warm.
Abfahrt: 9:30 Uhr
Ankunft: 18:30 Uhr
Die Feier unter meinem Fenster ging noch lange. Zum Glück habe ich Stöpsel für die Ohren dabei. Denn das Fenster zu schließen ist keine Option, da es viel zu warm ist. Trotzdem war es ziemlich warm und ich habe in der Nacht ziemlich geschwitzt. Kurz vor 7 Uhr stehe ich auf und starte in den Tag. Ich weiche mein Müsli ein, richte meine Taschen, frühstücke, checke mein Fahrrad, putze die Zähne und mache mich dann auf den Weg. Fast schon so etwas wie Alltag. Es ist schon 9:30 Uhr als ich los komme. Nun ja, mal wieder getrödelt....
Die Unterkunft lag direkt am Track und somit musste ich nicht lange suchen um meinen Weg fortzusetzen. Zunächst verlief die Stecke im Tal und was genau richtig zum aufwärmen. Bis Amsteg was es ne ziemlich entspannte Sache. Dann kam allmählich etwas Zug auf die Kette. Pünktlich zur Mittagspause erreiche ich Göschenen. Hier mache ich eine kurze Pause und esse von Proviant. Dann geht's weiter. Göschenen selber ist fast wie ausgestorben. Keine Ahnung warum. Die meisten Autos fahren wohl auf einer Umgehung um die Stadt herum. Viele Geschäfte stehen leer und für Hotels werden neue Pächter gesucht. Ganz anders in Andermatt. Hier ist es regelrecht überlaufen. Zum Glück bin ich schnell durch die Stadt durch und komme auf die frisch renovierte Straße zum Gotthard Pass. Gehen 14:30 Uhr bin ich dann oben angekommen. Auf dem letzten Kilometern ist der Radweg dann auf der alten Straße verlaufen, die noch mit Kopfsteinpflaster gebaut war. Ein Stück entfernt kommt dann das Hotel Gotthard und vermutlich noch anderes Kram. Keine Ahnung, jedenfalls wimmelte es da auch wieder vor Leuten. Also bin ich weiter, denn bis Bellinzona habe ich noch 60 Kilometer vor mir. Die sollten eigentlich nicht anstrengend werden, da es meist bergab geht. Dachte ich....
Nun kam erst mal eine sehr lange und kurvenreiche Fährt ins Tal. Die komplette Strecke verlief auf Kopfsteinpflaster, das jedoch ganz gut zu fahren war. Die Landschaft ist auch sehr sehr schön gewesen. Die Berge ringsum reichen bis weit über die Baumgrenze hinaus. Das Tal ist teilweise noch sehr eng. Teilweise gibt es richtig enge Schluchten, in denen man wandern kann. Fürs Fahrrad ist das nichts. Also wirklich sehenswert. Doch kann ich auch nicht alle 500 Meter anhalten und Bilder machen. In Airolo war dann der Spaß schnell vorbei. Ein sehr starker Gegenwind machte aus den letzten 40 oder 50 Kilometern bis Bellinzona teilweise nochmal richtig Arbeit. Nicht immer hat mich der Wind voll erwischt. Aber hin und wieder war er eben so stark, dass ich Sand in die Augen bekommen habe. Blöd, wenns beide Augen gleichzeitig erwischt. Durchs Tat ging es dann weiter bis Bellinzona. Zum Lago Maggiore sind es noch 5 Kilometer. Die wären sicher auch noch drin gewesen, aber dort gab es keine Hotels die ich mit meiner Budgetvorstellung vereinbaren kann. Die Unterkunft in Bellinzona ist eine private Unterkunft bei einer Familie, die eben noch drei Zimmer im Haus für Gäste zur Verfügung stellt. Alles super. Ich bin froh, dass ich diese Etappe geschafft habe. Sollte bis heute Morgen noch irgendetwas von Corona in mir gewesen sein, so ist das jetzt ganz sicher raus geschwitzt worden. Die Dusche hat gut getan und allmählich wird es Zeit zum Schlafen. Ich bin mal gespannt, ob ich heute Nacht besser schlafen kann, als in den letzten Nächten.