Mittwoch, 13.08.2014 — Beska – Skorenovac
Tageskilometer: 158km
Durchschnitt: 21,4km/h
Fahrzeit: 7:22h
Heiß, heiß, heiß, kein Schatten, >30°C, wieder einmal Sonnenbrand
Ich denke heute war der „man fährt mal nicht eben einfach so ans Schwarze Meer“-Tag. Nachdem ich gestern auch schon ein oder zwei nicht ganz so tolle Erlebnisse hatte, wurde heute noch einmal eine deutlich schwerere Prüfung drauf gelegt. Aber der Reihe nach…
Nachdem ich in Beska gefrühstückt hatte mache ich mich auf die Socken. Auf den Landstraßen nach Belgrad komme ich gut und zügig voran. Es ist auf den ersten 30 Kilometern nur recht wenig Verkehr, der sich aber so nach und nach verdichtet. Ab Batanjnica wird es dann wirklich spannend. Der Verkehr ist sehr dicht und die Straße bietet am Rand nur sehr wenig Platz. Beim Überholen wird es teilweise schon eng. Ich gebe einfach möglich viel Gas, denn weil der Verkehr so dicht ist, sind die Autos und LKW auch nicht besonders schnell, so dass ich etwas mitschwimmen kann. Glücklicherweise kann ich bald von der Straße weg und komme in Novi Belograd durch ein sehr altes Stadtviertel. Die Straßen und Häuser sehen sehr alt aus. Weiter geht es dann ein Stück weit der Sava entlang. Die mündet hier in Belgrad in die Donau. Da kommen schon gewaltige Wassermassen zusammen. Die Sava ist ganz braun. Im Straßengewirr verliere ich leider den Radweg. Ich versuche es einfach anhand der Karte, die wenigstens grob die Richtung zeigt. Bald habe ich den Weg wieder gefunden und fahre aus der Stadt hinaus. Wieder auf einer Hauptstraße will der Weg über eine lange Donaubrücke. Die Straße hat aber eher den Charakter einer Autobahn. Ein Verbotsschild für Radfahrer habe ich nicht gesehen und eigentlich auch kein Autobahnschild. Ich schaue nochmal in die Karte. Hm, das soll wohl so sein. Also gut: Let´s Rock!
Gleich nach der Brücke passiert es dann:
Laut der Karte folgt der Weg weiterhin der Hauptstraße. Im Augenwinkel sehe ich zwar noch einen Wegweiser, der in Richtung eines Hochwasserschutzdamm zeigt. Aber ob der Wegweiser mir gilt habe ich nicht erkennen können. Kann ja eigentlich nicht sein, denn es geht laut Karte entlang der Hauptstraße. Im dichten Verkehr komme ich gut voran und mache ordentlich Strecke. Aber so langsam sollte der sich der Weg von der Hauptstraße trennen. Tut er aber nicht. Allmählich kommen mir Zweifel, ob das wirklich noch so sein kann. Ich halte und an frage das Navi. Zu meiner großen Enttäuschung bestätigt das meinen Eindruck, dass ich falsch bin. Und zwar gehörig falsch! Aber wozu hat mein ein Navi, dass den Weg auch selber routen kann? „Navi, führe mich in die nächste Stadt“. Los geht´s. Und ach wie schön, es gibt also doch auch einen Weg, der nicht an der Hauptstraße entlang verläuft. Doch dann will das Navi weg vom Asphalt auf einen Schotterweg. Kein Problem, nur weiter so. Dass passt. Dann wird der Weg ganz unbefestigt und schließlich irre ich zwischen irgendwelchen Feldern umher. Und da, wo das Navi behauptet es gibt einen Weg, ist nichts außer Unkraut, tiefer Pfützen und Matsch. Im tiefen Matsch bleibe ich schließlich stecken. Nichts geht mehr. Das Rad am Bobby lässt sich nicht mehr drehen und am Speedy hat der Matsch das Hinterrad auch schon weitgehen lahm gelegt. Geschissen sei auf die elektronische Navigation!
Nachdem ich den groben Dreck mit den Händen und einem Stock beseitigt habe, orientiere ich mich am nächsten Fixpunkt (eine Bahnlinie) und laufe in die Richtung bis zur Eisenbahn. Durch mannshohes Gestrüpp bahne ich mir den Weg. Fahren ist unmöglich. Bis zu den Knöcheln versinke ich in Morast und Wasser. Es ist glühend heiß und die Sonne brennt gnadenlos von Himmel. Das ist echt ein Härtetest für meine Nerven. Aber zum Aufregen fehlt mir wirklich die Kraft. So sehr strengt das Schieben von dem Gespann in dem Morast und Gestrüpp an. Ich haben nur einfach keine Lust mehr auf den ganzen Mist.
Es ist ein echt blödes Gefühl, wenn einem plötzlich der Gedanke kommt, dass es vielleicht einfach zu viel des Guten ist. Aber das hilft mir im Augenblick auch nicht weiter. Also weiter durchs Gestrüpp. Zwischendurch schaue ich kurz auf das Navi. So grob scheint es in Richtung einer Stadt zu gehen. Nach einiger Zeit finde ich einen Weg mit Schotter. Der kommt mir irgendwie bekannt vor. Und tatsächlich, einige Stunden später stehe ich wieder genau an der Stelle, an der mir die Zweifel gekommen sind und ich mir Hilfe des Navi einen anderen Weg gewählt habe. Mir bleibt nichts anderes übrig, als den ganzen Weg der Hauptstraße entlang wieder zurück zufahren, bis zu dem Wegweiser an dem ich hätte abbiegen sollen. Jetzt will ich einfach nur weiterkommen. Irgendwann erreiche ich dann schließlich Pancevo, wo ich eigentlich schon vor Stunden sein wollte. Von dort an sind es wieder Landstraßen, auf denen ich nochmal etwas Kilometer machen kann. Im Omoljic könnte ich erneut die Straße verlassen und dem Damm folgen. Aber ich habe für heute wirklich genug Naturschutzgebiete gehabt. Ich fahre direkt weiter nach Skorenovac. Ein ungarisches Dorf in Serbien. IN der ersten Pension die ich sehe frage ich nach einem Zimmer. In einwandfreiem Deutsch bedient mich der junge Mann, der im Lokal hinter dem Tresen arbeitet. Im Hintergrund läuft deutsche Hip-Hop Musik. Nach dem Duschen creme ich meine Sonnenbrände ein. Beim Marsch durch das wilde Gestrüpp habe ich mir zahlreiche kleine Schnitte an den Beinen geholt. Wie sehr diese brennen merke ich erst jetzt (und in den nächsten Tagen!). Dann gibt es Abendessen. Ich glaube der Ort hier ist ein Paradies. Riesige Mengen an bestem Essen, dazu kühles Bier lassen die mich den Nervenkrieg im Gestrüpp von heute Mittag bald vergessen. Die kochen sehr sehr gut. Die Suppe (Erbsen mit Speck) ist schon ein Gedicht und auf die Frage, ob ich noch etwas Suppe möchte, will ich nicht mit „Nein“ antworten. Dann gibt es Gulasch mit reichlich Beilagen und anschließend einen leckeren Nachtisch! So gut habe ich schon lange nicht mehr gegessen.
Radreise zum Schwarzen Meer 2014
Mittwoch, 13.08.2014 — Beska – Skorenovac
Donnerstag, 14.08.2014 — Skorenovac (SER) – Svinita (ROM)
Donnerstag, 14.08.2014 — Skorenovac (SER) – Svinita (ROM)
Tageskilometer: 165km
Durchschnitt: 22,8km/h
Fahrzeit: 7:13h
Heiß, sehr kräftiger Gegenwind, entlang der Donau angenehm
Die Nacht im Zimmer war trotz Klimaanlage verdammt warm. Die war irgendwann am Morgen aus und so habe ich bei offenem Fenster geschlafen. Es war angenehm kühl draußen und die Mücken waren keine mehr unterwegs. Ich frühstücke im großen Festsaal des Hauses. Ein Raum, der früher sicher einmal eine Scheune war und jetzt Platz für 100 Leute bietet. Und der Raum war sehr aufwändig umgebaut worden, mit viel Liebe zum Detail.
Nachdem ich mich gestern beim Abendessen schon ordentlich satt gegessen habe (andere sagen: gefressen, wie ein Scheunendrescher) bin ich echt aufs Frühstück gespannt. Die gute Frau füllt den Tisch mit Essen und Trinken. Ich schaue mich um, weil ich denke, sie trägt gleich für die übrigen Gäste mit auf. Aber für die ist an einem anderen Tisch eingedeckt. Dann scheint das wohl tatsächlich für mich zu sein. Geil!
Es gibt 2x Spiegelei, dazu gegrillte Würstchen (da musste das Vegi-Dasein einfach mal hinten anstehen…), Wurst, Tomaten, Paprika, Gsälz, Brot und und und. Nach so einem Frühstück muss der Tag ja was werden. Also nichts wie los nach Kovin. Über recht wenig befahrene Straßen geht es nach Stara Planaka. Dort setzt eine Fähre nach Ram über. Leider verpasse ich die Fähre wegen 30 Minuten. Erst in 2,5 Stunden würde die Nächste fahren. So lange will ich wirklich nicht warten. Also entscheide ich mich für die Weiterfahrt in Rumänien (der Weg wäre sonst in Serbien weiterverlaufen). Ich folge zunächst dem Weg bis Bela Crkva. Dort versuche ich meine letzten Dinar los zu werden, in dem ich kräftig einkaufe. Proviant kann ja nie schaden. Nun blöd, dass ich das Zeug eben den Tag über mitschleppen muss. Dann geht es weiter zur Grenze nach Rumänien. Ich folge der Hauptstraße 57 nach Pojejena. In der Karte, die ich dabei habe, ist allerdings NICHT zu sehen, dass es hier nun erst einmal 6 Kilometer den Berg hoch geht über einen Pass. In der prallen Sonne komme ich ganz gewaltig ins Schwitzen. Der kühlende Fahrtwind fehlt eben auch, weil ich bergauf nicht wirklich schnell vorankomme. Es ist steil!
Zum Glück habe ich genug Wasser dabei. Zwischendurch mache ich an einem kleinen schattigen Rastplatz Mittag. Die Hitze ist es übel. Und eigentlich mag ich es ja, wenn es ordentlich warm ist. Zum Joggen sind mir 38°C auch lieber als nur 35°C. Aber grade ist es echt verdammt heiß. In der Stadt Moldova hole ich Bargeld und so bin ich nun gerüstet für Rumänien.
Hinter der Stadt ist am Horizont ein Bergwerk zu sehen. Unter an der Straße steht ein Roma neben drei völlig verdeckten Kindern, die im Schlamm wühlen und irgendetwas suchen. Sie haben Gräben angelegt und suchen im Abwasser des Bergwerkes nach Verwertbarem. So sieht es von weitem jedenfalls aus. Im Vorbeifahren schaue ich nicht hin. Zu traurig ist das was ich dort sehe für mich.
Hinter Coronici empfängt mich dann die Reise mit einem wunderschönen Schauspiel. Die Landschaft ist unbeschreiblich schön. Hohe Berge aus blankem Fels umgeben die Donau. Das „Eiserne Tor“ kommt näher. Ich kann wirklich nicht sage, ob ich schon jemals solche eine eindrucksvolle Naturlandschaft gesehen habe. Ich bin wirklich sehr schwer beeindruckt. Jeder Kilometer der Reise hat sich in diesem Augenblick gelohnt. Irgendwann überwältigen mich die Gefühle und lasse ihnen freien Lauf.
Ich muss an jemand vom Fahrrad-Verein denken, der sagte der Donauweg wäre langweilig und billig. Nichts für jemand, der schon Island oder das Nordkap gesehen hat. Nun, für den Teil in Deutschland und Österreich mag das im gewissen Maße schon stimmen, dort wo sich ein Imbiss und eine Pension an die nächste Reihen. Aber ab Budapest läuft die Sache etwas anders.
In Anbetracht der Naturschönheit (und der Tatsache, dass die Unterkunftsmöglichkeiten die in der Karte eingezeichnet sind, nicht (mehr) existieren) beschließe ich heute Nacht an der Donau zu campen. Viel Platz gibt es auch nicht zwischen Felswänden, der Straße und der Donau. Ich fahre noch ein Stück weiter am „Eisernen Tor“ vorbei und halte Ausschau nach einem Platz, an dem ich mich möglichst unsichtbar für alle die machen kann, die mit dem Auto auf der Straße unterwegs sind. Nach ein paar Kilometern finde ich die perfekte Stelle. Direkt an der Donau gelegen, unter einer Brücke über die die Straße verläuft. Hier sieht mich von der Straße aus kein Mensch. Ich baue das Zelt auf und nehme erst einmal ein Bad in der Donau. Nun ja, so richtig sauber fühle ich mich danach irgendwie auch nicht. Es ist immer noch ein leichter Schmierfilm auf meiner Haut. Egal. Die wichtigsten Stellen sind jedenfalls sauber geworden. Und gut getan hat das Bad auf jeden Fall. Ich hoffe, dass heute Nacht auch keine wilden Hunde ums Zelt schleichen. Ich bin aber recht weit weg von der letzten und der nächsten Ortschaft. Denn dort rennen genug von den Kötern herum.
Der Himmel zieht immer weiter zu und während ich zu Abend esse, kommt kräftiger Wind auf. Ich suche noch ein paar Steine, die heute Nacht als Zeltheringe her halten müssen, denn ich bekomme keinen Hering in der Boden. Die Wellen werden immer lauter und in der Ferne höre ich den Donner eines Gewitters. So langsam kommen mir ein paar Zweifel, ob ich auch wirklich hoch genug campe. Ich klettere nochmal aus dem Zelt und schaue mir die Sache nochmal. Nein, da passiert nichts. Gute Nacht.
Grade, als ich mich rumdrehe zum Schlafen, kläfft ganz in der Nähe ein Hund. Ach nein, das darf doch jetzt nicht wahr sein. Bloß nicht noch so ein Viech, das nervt. Bald darauf ist aber außer den Wellen nichts mehr zu hören. Aber richtig schlafen kann ich irgendwie trotzdem nicht.
Irgendwann in der Nacht wache ich auf, weil ich Stimmen gehört habe. Ich schaue aus dem Zelt und da leuchtet mir jemand von Weitem mit der Taschenlampe ins Gesicht. Angler…Haben die eigentlich nichts besseres zu tun, als Nachts um 2Uhr irgendwelche Radfahrer im Zelt aufzuschrecken? Die suchen sich aber dann doch einen anderen Platz und ich bin wieder ins Zelt und habe geschalfen.
Freitag, 15.08.2014 — Svinita – Negotin (SER)
Freitag, 15.08.2014 — Svinita – Negotin (SER)
Tageskilometer: 135km
Durchschnitt: 22,3km/h
Fahrzeit: 6:03
Morgens sehr bedeckt, ab Mittag viel Sonne, aber nicht mehr ganz so heiß, stellenweise sehr windig
Ich freue heute Morgen, dass ich die Nacht gut überstanden habe. Trotz der Erlebnisse der Nacht, muss ich am nächsten Morgen immer noch sagen, dass dies die perfekte Stelle fürs Camping war. Schade, dass die Übernachtungen nicht mehr vorhanden waren. Und in die nächste Stadt wäre es nochmal 35km gewesen. Das hätte bedeutet, dass ich an dem Tag 200km gefahren wäre. Das geht nicht. Ich habe mir fest vorgenommen, die 150km Grenze nicht zu reißen und habe dies gestern auch schon nicht eingehalten. Ab Dubova hätte es zahlreiche Unterkünfte gegeben.
Weil ich trotz schlechtem Schlaf recht früh wach werde, packe ich zügig meine Sachen zusammen. Das Zelt ich dank des starken Wind fast trocken. Die ersten Stationen sind der große Kessel und der kleine Kessel. An diesen Stellen wird die Donau auch wieder sehr eng zwischen steilen Felsen eingepfercht. Hinter Orsova fahre ich wieder nach Serbien. Hier gibt es einfach mehr Unterkünfte, als in Rumänien. Ein kräftiger Gegenwind und zahlreiche Höhenmeter machen die Fahrt dort hin grade einfach. Zudem ist es heute auch wieder sehr heiß.
Am Nachmittag geht es wieder am Donauufer entlang. Leider ist der Weg mit vielen Schlamm- und Schlaglöchern und Pfützen übersät. Doch bald ist auch das letzte Stück bis Negotin geschafft und ich suche nach einer Unterkunft. Nachdem ich eine passable Unterkunft gefunden habe, geht’s erst mal unter die Dusche und anschließend weiche ich die Wäsche ein. Das Bad am Abend zuvor in der Donau hat, wie bereits erwähnt, nicht zum Sauberwerden beigetragen. Warum wurde mir beim Anblick meiner Brille schnell klar. Ich bin abends bei dem starken Wind nochmal kurz ans Wasser und habe die Hände gewaschen. Durch Wind und Wellengang habe ich eine Ladung Donauwasser ins Gesicht bekommen. Interessant war der Siff auf meiner Brille (die Entspiegelung hatte aber schon vorher kleine Risse!) Hm, und das nun am ganzen Körper? Bislang ist mir aber noch kein drittes Auge gewachsen.
Beim technischen Dienst gibt es heute frische Bremsbeläge fürs Rad. Hinten war die letzten Male beim Bremsen immer so ein komisches metallisches Geräusch zu hören. Ja, wurde Zeit für einen Wechsel. Als ich die Wäsche fertig habe, mache ich mir etwas zum Abendessen. Auf das Tagebuch habe ich keine große Lust, weil ich einfach zu müde bin. Aber ich will das auf jeden Fall weiterführen. Ich muss mir dringend einen neuen Stift besorgen. Der ist leer.
Ach noch was. Es liegen immer ne Vielzahl überfahrener Tiere auf der Straße. Am schlimmsten sind Hunde, weil ich stinken wie die sau!!!! Fast noch öfter sieht man Gedenkstätten für Leute, die Straßenverkehr umgekommen sind. Das ist echt krass. Aber manche fahren auch wie gestört!!!
Samstag, 16.08.2014 — Negotin (SRB) – Lom (BUL)
Samstag, 16.08.2014 — Negotin (SRB) – Lom (BUL)
Tageskilometer: 126km
Durchschnitt: 23,0 km/h
Fahrzeit: 5:28h
Sonnig, warm, nicht ganz so heiß, aber windig, 28 – 30°C
Mein großer Waschtag von gestern war ganz erfolgreich. Die Wäscheleine aus dem „MacGyver-Beutel“ hat einen guten Dienst verrichtet, denn am Morgen waren die meisten Sachen trocken. Ich hätte heute wirklich im Bett liegen bleiben können. Den Wecker, der um 6Uhr geläutet hat, hätte ich gerne ignoriert und einfach weitergeschlafen. Nun will ich aber auch weiterkommen und somit schäle ich mich aus meinem Bett heraus. Erster Schritt: Aufrecht auf die Bettkante setzen. Ursachensuche: Wahrscheinlich sind Etappen von 150km und auf die Dauer einfach zu viel? Ich packe das Zelt, dass ich über Nacht im Zimmer ausgebreitet hatte, zusammen. Ebenso den Schlafsack, der sich am Abend noch etwas klamm angefühlt hat. Nach dem üppigen Frühstück packe ich den Rest zusammen. Zuerst habe ich ein paar Schwierigkeiten den richtigen Weg aus der Stadt hinaus zu finden. Das Navi weiß hier schnell einen guten Rat, will für diesen aber mit frischen Batterien belohnt werden. Also besorge ich erst mal Nachschub fürs Navi und für mich noch eine Packung Kekse.
Ich komme an einem großen Markt vorbei. Hier unter freiem Himmel spielt sich ganz schön was ab. Mit Fahrrad und Anhänger ist da kein Durchkommen und ich habe auch keine große Lust mich durch das Gedränge zu schieben. Ich fahre weiter auf die „24“ nach Bregovo. Da ist die Grenz zu Bulgarien. Gleich hinter der Grenze muss ich gleich die Hilfe des Navi in Anspruch nehmen. Denn Schilder, die sagen wo es hin geht gibt es nicht, oder ich kann diese nicht lesen, weil sie in kyrillischer Schrift verfasst sind. Entlang der Straße „122“ fahre ich durch viele kleine Dörfer. Es geht beständig Bergauf und Bergab. Hin und wieder hilft der Wind ein kleines bisschen, was die Fahrt auf jeden Fall recht angenehm macht. Dazu noch die schöne Landschaft. Es gibt riesige Felder voller Sonnenblumen. Das Getreide ist bereit gemäht worden. Alles in allem ist die Landschaft sehr landwirtschaftlich geprägt.
Unterwegs fallen mir allerdings immer wieder verlassene Häuser in den Dörfern auf. Manche Dörfer scheinen ganz ausgestorben zu sein. Es sind höchsten ein paar sehr alte Leute zu sehen. Es gibt dann aber gar keine Infrastruktur drum herum. Dort wo viele Menschen leben, ist zu sehen, dass hier die Uhren schon etwas anders ticken. Gemütlicher…
In Vidin hole ich mir erst einmal Bargeld, einen neuen Stift fürs Tagebuch (dass ich jetzt schon seit Tagen mühevoll in den Computer tippe) und Wasser für die Weiterfahrt.
Weiter geht es nun auf einer ziemlich befahrenen Hauptstraße. Die LKWs geben (fast) alle Obacht. Und diejenigen, die wenig Rücksicht genommen haben soll der Blitz beim Scheißen treffen. Damit bräuchte ich dann ungefähr zwei oder drei Blitze. Ich muss zum Glück nicht ewig auf dieser Straße weiterfahren. Hinter Dunavci zweigt eine kleiner Straße ab, auf der zwar immer noch viel Verkehr ist, aber eben doch erheblich weniger, als auf der vorherigen Straße. Der Streckenverlauf ist immer noch ziemlich hügelig und das merke ich so langsam. Bis Lom ist es noch ein gutes Stück. Zu alle dem zieht allmählich der Himmel zu. Das verheißt nichts Gutes für morgen, es sei denn der Wind treibt die Wolken über Nacht weg. Immer noch ist es ein gutes Stck bis Lom.
Vor der Donau ist immer wieder mal ein kleines Stück zu sehen. Aber zu wenig, dass sich ein Foto lohnen würde. Es ist einfach zu verwachsen.
Lom ist größer, als ich erwartet hatte. Sogar eine Shoppingmeile gibt es dort, deren Geschäfte aber um diese Uhrzeit am Samstag schon geschlossen sind. Alles gäbe es dort zu kaufen. Nun eine Übernachtungsmöglichkeit finde ich dort nicht. Ich fahre zunächst die Straße ganz runter bis zum Ortsende und drehe anschließend um. Mein Problem ist eben ein bisschen auch die kyrillische Schrift: Selbst wenn es ein Schild gäbe, dass mir den Weg zu einer Übernachtung sagen würde; Ich könnte es nicht lesen. Das ist schon eine echt interessante Erfahrung. Krass… Ich versuche es nun mehr in Richtung Donauufer. Vielleicht finde ich dort ja sogar einen Campingplatz. Tatsächlich, kein Campingplatz, aber gleich mehrere Hotels. Ich schaue mich etwas um, welches wohl das günstigste sein könnte. Und schließlich finde ich für 37Lew (ca. 16Euro) ein nettes Zimmer. Alles gut. Heute will ich mir einmal etwas aus der bulgarischen Küche gönnen. Also setze ich mich in den gemütlichen Biergarten vor dem Hotel. Hier ist einen Menge los, aber ich bekomme einen Platz. Vom Biergarten aus hat man einen schönen Blick auf die Donau und die dahinter liegenden Wälder am anderen Ufer. Die Baumkronen sind wie mit dem Lineal rasiert alle in derselben Höhe.
Dann kommt auch das Abendessen. Gut, die kochen hier nicht ganz so üppig, wie in Skorenovac. Das Stück Fleisch das ich esse (erkläre mal jemand mit Händen und Füßen, dass du kein Fleisch isst, wenn du Kohldampf hast wie ein wildes Tier) ist recht zäh. Und die Beilagen fallen recht spärlich aus. Genauer gesagt sind es sieben bis acht Pommes, ein schmaler Schnitz Paprika und ein keines Blatt Salat. Dazu gab es aber noch Hausgemachte Kartoffel-Reibekuchen. Die waren super. Aber mehr als einmal Nachbestellen habe ich mich nicht getraut. Beim Bier war das dafür anders, denn das schmeckte echt köstlich. So lasse ich mir das Bier schmecken, während ich dem Sonnenuntergang über der Donau zuschaue. Nach drei Bier wäre das jetzt der richtige Moment, um sentimental zu werden. Aber ich konzentriere mich jetzt einfach auf mein Tagebuch und freue mich darauf morgen die nächste Etappe fahren zu können. Ich hoffe nur, dass das Wetter morgen gut bleibt.
Zwischenzeitlich zeigt der Kilometerzähler etwas über 2600 Kilometer an.
Sonntag, 17.08.2014 — Lom (BUL) – Bechet (ROM)
Sonntag, 17.08.2014 — Lom (BUL) – Bechet (ROM)
Tageskilometer: 88km
Durchschnitt: 24,2 km/h
Fahrzeit: 3:38h
Wenig Sonne, bedeckt, teilweise sehr windig (Rückenwind), 25°C
In der Nacht im Hotel habe ich ganz schlecht geschlafen. Bin immer wieder aufgewacht und war mit dem Gedanken bei allem Möglichen, nur bei nichts Vernünftigem. Vielleicht lag es daran, dass direkt unterhalb von meinem Fenster der Parkplatz war auf dem ständig Krach war, oder es lag am Bier. Ziemlich gerädert stehe ich auf und bin wirklich völlig müde. Ich nehme mir fest vor, heute nicht so viel zu fahren. Sich etwas zu schonen ist sicher auch mal nicht schlecht. Denn knapp 1000 Kilometer pro Woche zu fahren ist schon viel. Ich glaube am meisten hat mich heute Nacht die Tatsache umgetrieben, dass ich von dem Kyrillisch absolut kein Wort lesen konnte. Für meine nächste Tour in Richtung Osten ist das auf jeden Fall etwas, dass zur Vorbereitung gehört.
Ich packe schon mal einen Teil meiner Sachen zusammen und schaue anschließend, ob ich irgendwie ein Frühstück ergattern kann. Es gibt Toast mit Schinken und Käse. Sehr lecker! Aber grundsätzlich ist alles deutlich weniger üppig, als beispielsweise in Ungarn. Ich muss an die bulgarischen LKW-Fahrer denken, die sich in Deutschland auf dem Rasthof etwas zu essen kochen. Das was die da so kochen sieht auch immer sehr spärlich aus und ich habe schon ein paarmal gedacht, was das für „arme Jungs“ sind. Aber ganz so ist das wohl nicht. Die Leute in Bulgarien scheinen grundsätzlich eine eher „schmale Küche“ zu haben. Nun, wenn ich lese wie viel Lebensmittel jeder Deutsche jedes Jahr in dem Müll wirft, so sollte sich eher darüber Gedanken machen, als über Trucker, die kleines Essen auf den Rasthof kochen.
Nach dem Packen hole ich Speedy du Bobby aus dem Abstellraum und fahre weiter. In Lom gibt es nur sehr weniger Wegweiser auf dem Eurovelo 6. Aber die genügen zusammen mit der Karte vollkommen um den richtigen Weg zu finden. Gleich hinter der Stadt gibt es dann erst einmal ordentlich Höhenmeter zu fahren. In Gedanken sehe ich, wie sich eines der leckeren Toastbrote nach dem anderen in Luft auflöst. Als ich endlich die Steigung hinter mir habe kommt gleich die nächste Überraschung. Hier oben auf der Ebene geht ein ziemlich starker Wind. Rückenwind! Wie als wollte der sagen: „vergiss erst einmal die Sprach-Sorgen von heute Nacht. Jetzt gibt es erst einmal ordentlich Tempo und vor allem Kilometer!“ Also los! Es ist auch nicht mehr so heiß und das bedeutet „FFF“! Mit guten 36 bis 38 km/h geht es voran. Die Kilometer fliegen schon fast an mir vorbei. So erreiche ich recht bald Kozlodj. Die Straßen sind heute (am Sonntag) fast ohne jeden Verkehr. Hin und wieder ein paar LKW. Sonntagsfahrverbot kennt man hier nicht. Am Atomkraftwerk Kozjodj fahre ich schnell vorbei. Die Anzeige über die Pforte zeigt 0,12µS/h an. Keine Ahnung, was ich von der Dosisleistung halten soll. Ob der Wert überhaupt stimmt? Ich fahre einfach schnell weiter.
Am Morgen beim Frühstück hatte mir eine deutsche Touristin von einem Dammbruch erzählt, den es hier vor ein paar Tagen gegeben haben soll. Keine Ahnung wo das gewesen sein soll. Hat mich erst auch nicht so wirklich interessiert. Es muss aber ziemlich übel dort zur Sache gegangen sein. Ein gutes Stück hinter dem AKW komme ich in das Städtchen Mizija, oder was von der Stadt noch steht. Hier war der Dammbruch. Ja, hier war ganz offentsichtlich erst vor ein paar Tagen die Stunde Null. Die Pumpen liefen noch. Einige Häuser waren völlig zerstört. Überall haben die Leute ihre kaputten Sachen auf die Straße getragen. Hier hat es ganz ordentlich Schaden gegeben. Aber so etwas wie eine Feuerwehr oder das THW sieht man hier weit und breit nicht. Ein Fahrzeug vom Roten Kreuz verteilt etwas Essen an die Leute und daneben steht ein alter Tankwagen und verteilt Trinkwasser an die Leute. Von „Full-Budget-Hochwasser“ wie in Dresden oder Magdeburg, bei denen sich die Helfer schon fast auf die Füße treten, ist man hier Lichtjahre entfernt. Wobei die Größenverhältnisse Magdeburg zu Mizija natürlich auch um Lichtjahre auseinander liegen. Mich hat (genauso wie im Frühjahr in Bosnien) eigentlich mehr die Tatsache beschäftigt, dass hier in Deutschland selbst bei einer solchen Flut wie in Magdeburg jedem geholfen wird. Man stellt den Leuten Container hin, wo sie alles Kaputten hineinwerfen können und holt anschließend alles ab. Wahrscheinlich wird der ganze Kram dann noch nach Wertstoff und Restmüll sortiert. Hier kommt niemand. Die Leute karren das Zeug einfach auf einen Acker und zünden es dann an.
Bilder habe ich von der Stadt natürlich keine gemacht. Sorry, so etwas geht einfach gar nicht!
Ich fahre weiter nach Orjahovo. Von dort aus will ich die Fähre nach Rumänien nehmen. Gerne würde ich noch eine Nacht in Bulgarien verbringen, um mein Geld noch los zu werden. Aber das einzige Hotel, dass ich finde ist sicher schon seit 15Jahren dicht. Zwei Gründe führen mich wieder so schnell zurück nach Rumänien: Zum einen kann ich dort die Buchstaben wieder erkennen und zum anderen ist die Strecke dort nicht ganz so hügelig wie hier in Bulgarien.
An der Fähre treffe ich zwei junge Franzosen, die ebenfalls mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Schwarzen Meer sind. Wir unterhalten uns sehr gut auf Englisch während wir auf die Fähre warten. Nach der Überfahrt wollen die beiden noch ein gutes Stück weiter fahren. Ich aber auf keinen Fall. Vielleicht sehe ich die beiden morgen im Laufe des Tages nochmal. Denn die waren schon lustig drauf. Vielleicht findet sich ein gemeinsamer Platz fürs Campen, denn sonstige Übernachtungen sind im weiteren Verlauf der Strecke auf der Karte jedenfalls nicht zu sehen. Jetzt bleibe ich aber erst einmal in Bechet. Wie gesagt, heute soll es einfach mal weniger sein. Dann läuft es morgen wieder umso besser.
Ich habe jetzt den Flusskilometer 680 erreicht. Es ist schon noch ein Stück, dass ich zu fahren habe, aber ich bin wirklich zuversichtlich, dass ich das schaffen kann.