Montag, 18.08.2014 — Bechet – Nusturelu
Tageskilometer: 159km
Durchschnitt: 25,2km/h
Fahrzeit: 6:17h
Morgens sehr kühl und nebelig, am späten Nachmittag wieder Sonne pur, 28°C
Geschlafen habe ich heute Nacht ganz gut. Der Wecker hat heute Morgen dem Schlaf ein Ende bereitet, sonst hätte ich sicher noch verschlafen. Ich bin noch halb schaftrunken in den kleinen Laden ums Eck und habe mir ein paar Sachen fürs Frühstück geholt. Diese „Tante Emma“ Läden gibt es hier noch zu Hauf. Aber Kaufland, Lidl Penny und Co haben schon überall die größeren Städte erobert.
Frühstück gibt es heute auf dem Zimmer und gleich darauf kann es auch schon los gehen. Immer der Straße 54 entlang. Heute gibt es leider keinen Rückenwind. ABER zum Glück auch keinen Gegenwind! Die erste Station ist Carabia. Ich bin gespannt, ob ich im Laufe des heutigen Tages die beiden Franzosen vor gestern nochmal treffe. Die waren echt lustig! Ich lasse mir heute aber etwas Zeit und mache bald eine Pause, um meinen Proviant etwas zu minimieren. Gestärkt geht es weiter nach Turnu Mägurele. Heute sind auf der Straße sehr viele Pferdefuhrwerke unterwegs, die ich aber locker überholen kann. Teilweise sind die sehr hoch mit frischem Heu beladen. Andere transportieren allen möglichen Kram auf den Fuhrwerken. Die Fuhrwerke, die mir entgegen kommen grüßen meist mit einem freundlichen „Salute“ oder winken einfach.
Trotzdem ist immer hohe Aufmerksam im Verkehr gefordert. Denn es kommt oft vor, dass Autofahrer im Gegenverkehr zum Überholen ansetzen, obwohl die Straße eigentlich belegt ist. Die nehmen dann nicht so wirklich Rücksicht Radfahrer, die entgegen kommen und rauschen dann eben mit hoher Geschwindigkeit und recht wenig Abstand an einem vorbei. Deswegen gilt: Immer aufmerksam nach vorne schauen, ob jemand zum Überholen ansetzt.
Auf den Dörfern stehen die Kinder oft am Straßenrand winken und rufen einem zu. Manche strecken die Hand aus, um möglichst kräftig abzuklatschen. Jetzt weiß ich auch, warum ich die Handschuhe anhabe. Denn die hauen teilweise ganz schön kräftig rein!
In Turnu Mägurele treffe ich in einem Park zwei Deutsche aus Freiburg. Einer von denen ist auch mit Anhänger unterwegs. Ober auf der Bob-Tasche liegt ein Solarpanel zur Stromerzeugung für I-Phone etc. Hightech! Wow! Die beiden sind schon seit 9 Wochen unterwegs und wollen über Rus nach Bukarest und dort Bekannte besuchen. Dann soll es noch ein paar Wochen weitergehen. Zu Hause sein wollen die zwei wieder im Dezember! Beneidenswert!!! Nach etwas Smalltalk mache ich mich auf und besorge noch etwas Proviant. Heute Nacht ist wieder Zelten in der Pampa angesagt. Na das wird schon werden. Grade, als ich aus der Stadt fahren will, treffe ich einen der beiden Franzosen wieder. Oh, die beiden sind arg vom Pech verfolgt. Bei einem der Räder ist die Sicherungsmutter des Pedal verloren gegangen und nur ist das gesamte Pedal lose. Gestern war etwas anderes an einem Rad kaputt, genauso wie vorgestern. Die zwei waren echt gefrustet. Aber eigentlich ist es eher echt erstaunlich mit welch einfachen Rädern die zwei so weit gekommen sind. Aber jetzt rächt sich das leider doch ein wenig. Wir setzen uns in einen Biergarten und trinken erst mal ein Bierchen zusammen. Nach der Pause wollen die zwei in eine Werkstatt im Ort und hoffen, dass es dort die passende Mutter gibt, damit die zwei weiter können.
Ich verabschiede mich von den beiden und fahre weiter in Richtung Zimnicea. Die Stadt ist eine Musterstadt aus kommunistischer Zeit, aber heute leider einfach nur hässlich. Ein Stück hinter der Stadt biege ich ab auf einen Hochwasserdamm. An einer geeigneten Stelle mache ich für heute Feierabend und schlage mein Lager für die Nacht auf.
Radreise zum Schwarzen Meer 2014
Montag, 18.08.2014 — Bechet – Nusturelu
Dienstag, 19.08.2014 — Nasturelu – Oltenita
Dienstag, 19.08.2014 — Nasturelu – Oltenita
Tageskilometer: 148 km
Durchschnitt: 24,1 km/h
Fahrzeit: 6:08 h
Sehr viel Sonne, sehr heiß, etwas Wind von vorne
Die Nacht im Zelt war eigentlich ganz gut. Ich hatte mir gestern ein schönes Plätzchen rausgesucht. Die Mücken waren natürlich hungrig, aber sonst war weit und breit keine Menschenseele (und auch ein streunender Hund). So hatte ich es mir gemütlich gemacht und war auf dem Weg in meinen Schlafsack zu krabbeln, als plötzlich im Sumpf unterhalb meines Lagers ein ziemlich unangenehmes Grunzen und Schmatzen zu hören war. Ich war davon ganz und gar nicht begeistert. Es war schon völlig dunkel draußen. Mit der Fahrradlampe habe ich in die Richtung des Schmatzen geleuchtet, um etwas zu erkennen. Aber im Dickicht des Sumpfes war einfach nichts zu erkennen. In den anderen Hand hielt ich krampfhaft mein Fahrradschloss, dass ich zur Not zu meiner Verteidigung einsetzen wollte. Zum Glück entfernte sich das Schmatzen nach wenigen Minuten wieder und kam den Rest der Nacht nicht mehr zurück. Allerdings hat es dann sehr lange gedauert, bis das Adrenalin soweit abgebaut war, dass ich einschlafen konnte. Hin und wieder bin ich in der Nacht aufgewacht, aber vom Schmatzen war nichts zu hören. Ich denke, dass es vielleicht ein Wildschwein gewesen ist, dass auf der Suche nach Nahrung durch den Sumpf gestapft ist.
Als ich wieder wach werde ist es schon hell. Damit ist es auch Zeit aufzustehen. Das Zelt ist leider völlig nass. Sowohl von innen, als auch von außen. Aber das haben wir jetzt ja schon ein paarmal geprobt, es nass einzupacken. Nur dieses Mal schwimmt es wirklich vor Nässe. Ich werde einfach am Mittag eine Pause machen und es dann zum Trocknen in die Sonne stellen. Solange muss es eben nass im Beutel bleiben.
Dann geht´s los, die nächste Etappe ruft. Das erste Zwischenziel ist Giurgiu. Doch gleich nach meinem Start im Nachtlager haben mich zwei Köter auf die Kieker. Diesmal war ich aber etwas besser auf die Attacke vorbereitet: Nach dem einen Köter habe ich getreten und dann wollte der zweite Köter spontan auch nicht mehr so recht auf mich los gehen. Scheißköter…! Und es sind komischerweise immer nur die halbgroßen, die Rabatz machen.
Auf der Hälfte des Weges nach Giurgiu treffe ich die beiden Franzosen wieder. Sie fahren zu Glück trotz aller Schwierigkeiten doch weiter. Klasse. Schließlich sind die beiden ja auch fast am Ziel. Der Fahrradladen in Turnu Mägurele konnte also doch weiterhelfen. Die haben dort wohl so einiges an dem Fahrrad gerichtet. Nur den Achter im Hinterrad haben sie dort wohl übersehen, oder aber es ist schon wieder was kaputt gegangen. Beide haben beschlossen heute mit dem Zug nach Bukarest zu fahren und die Stadt anzuschauen. Anschließend wollen sie von dort wieder in Donaudelta radeln. Auch keine schlechte Idee. Wir fahren ein Stück weit zusammen und machen irgendwann Pause. Nach der Pause verabschieden wir uns und fahre zügig weiter, denn ich will heute noch bis Oltenita kommen. Ich fahre eine Runde durch Giurgiu, um etwas von der Stadt zu sehen. Es gibt dort entlang der Straße sehr viele kleine Läden und sogar eine Markthalle, wo sie Massen an Obst und Gemüse verkaufen. Leider ist die Auswahl beim Bäcker sehr bescheiden und deswegen schaue ich noch in einem kleinen Laden vorbei. Dort gibt es sogar Schwarzbrot. Die Verkäuferin warnt mich mehrmals, dass es Schwarzbrot sei und ob ich sicher bin, dass ich das will?! Na da bin ich Morgen aber mal gespannt, was ich da gekauft habe. Um den schnellsten Weg aus der Stadt zu finden habe ich das Navi eingeschaltet. Leider nur habe ich dort irgendwie einen Mist eingegeben. Ich lande jedenfalls auf der völlig falschen Straße, was sogleich mit 10 Extrakilometern zu Buche schlägt. Aber kaum bedient man das Navi richtig, schon klappt es auch mit dem Weg. Sogleich stimmen die Orte in der Karte mit den Schildern an denen ich vorüberfahre überein.
Ich bin jetzt auf einer Hauptstraße mit sehr viel Verkehr gelandet. Es gibt aber einen Seitenstreifen, auf dem wenig Scherben und anderer Mist liegt. Ungefähr 15 Kilometer später zweigt der Weg auf eine weniger befahrene Straße ab. Hier suche ich mir irgendwo einen Platz für die Mittagspause und um das Zelt zu trocknen. Etwas abseits der Straße, bei einem alten Pumpwerk, werde ich fündig. Ich baue auf, das kommt ein Bauer hergelaufen und schaut mich etwas fragend an. Aber als er das völlig durchweichte Zelt sieht, wird ihm schnell klar, was ich vorhabe. Er lächelt freundlich und geht wieder zurück zum Pumpwerk. Wenig später steht er wieder bei mir, diesmal hat er beide Hände voll mit frischen Trauben. Er gibt sie mir und zeigt auf einen Rebstock, der am Pumpwerk wächst. Wow, und wie lecker die Trauben sind! Ich verputze die eine Hälfte gleich und packe den Rest in den Proviant. Ich biete ihm einen Keks an, den er gerne nimmt.
Bei der Hitze braucht es in der prallen Sonne nicht lange, bis das Zelt trocken ist. Bald kann ich weiterfahren. Ich verabschiede mich noch von dem Bauern und dann geht es zurück zur Straße.
Zum Glück kann unterwegs in den Dörfern überall Wasser kaufen. Meine fünf Liter Wasser, die ich immer dabei habe, sind bei den Temperaturen schnell weg. Auf der Hauptstraße überholt mich dann ein Doppelstockbus. Flott. Sehr flott. Er hält viel Abstand zu mir, aber dafür kommt er eben recht weit auf die Gegenfahrbahn, auf der sich in dem Augenblick ein Auto nähert. Irgendwie umschifft der Bus die Gefahrenstelle, kommt dabei aber ganz gewaltig ins Schwanken. Mir stockt fast der Atem. Die Jungs, die in dem Auto sitzen schauen ziemlich geschockt zu mir rüber. Das war mehr als nur verdammt knapp. Boah!!
Ich hoffe auf ein Bett in Oltenita. Schau mr´ mal sage ich mir. Sonst Zelte ich eben wieder. So langsam gewöhne ich mich ans wilde Campen. Ich habe grade die Stadtgrenze erreicht und fahre an der ersten Häusern vorbei, als jemand „Pension“ zu mir ruft. Ja klar, also wenn´s so einfach ist…! Der Mann, der mir zugerufen hat, ist mit dem Fahrrad unterwegs. Er radelt vor mir her durch die ganze Stadt, bis dann irgendwann de Pension auftaucht. Dort gibt es ein schönes großes Zimmer. Perfekt, denn das Zelt war dieses Mal so nass, dass die Klamotten in der Bob-Tasche feucht geworden sind. Also muss ich das Zeug erst einmal trocknen.
Mittwoch, 20.08.2014 — Oltenita – Lipnita
Mittwoch, 20.08.2014 — Oltenita – Lipnita
Tageskilometer: 113 km
Durchschnitt: 23,2 km/h
Fahrzeit: 4:52 h
Sonnig, nicht ganz so heiß, etwas (Gegen-) Wind
In der Nacht bin ich hin und wieder vom jaulen und kläffen der Hunde aufgewacht. Das waren eine ganze Menge Hunde, die sich irgendwie gegenseitig angestachelt haben. Draußen ging in der Nacht ein ziemlich starker Wind. Vielleicht hat das die Viecher auch etwas unruhig gemacht. Nach dem Frühstück aus dem Proviant breche ich auf. Die richtige Straße erwische ich dieses Mal auf Anhieb. Von der Donau ist am Vormittag weit und breit nichts zu sehen. Der Weg führt durch zahlreiche Dörfer. Mittwochs scheint hier der „Zeugs-Anzünde-Tag“ zu sein. Überall in den Entwässerungsgräben zwischen Straße und Grundstück, oder in den Grundstücken brennen kleine Feuer. Das was da so vor sich hin brennt, ist natürlich alles außer Holz. Dementsprechend stinkt es und es beißt beim Atmen.
Interessant ist, wie unterschiedlich die Dörfer sind. Im einen Dorf ist alles neben der Straße wirklich völlig heruntergekommen. Die Häuser und Gärten sind wirklich desolat. Im nächsten Dorf haben sie Gehwege gepflastert, Blumenbeete angelegt und der Rasen vor den Grundstücken ist überall tipp top. Ich vermute, dass die Dörfer durch unterschiedliche Bevölkerungsgruppen geprägt sind. Ich erinnere mich an das ungarische Dorf in Serbien, wo ich so gut zu Abend gegessen hatte.
Auf der Straße 31 nach Calarasi ist noch einmal viel Verkehr. Trotzdem sidn die LKW sehr rücksichtsvoll. Auf den letzten Kilometern bis Calarasi kommt nun noch die „3“ hinzu. Jetzt ist wirklich verdammt viel los. Die Straße ist auch nicht sehr breit, so dass wenig Platz zum Ausweichen bleibt. Ein LKW überholt mich sehr knapp (wieder mal einer, den der Blitz beim Sch… treffen soll). Aber der Fahrer fährt auch sonst die weitere Strecke, soweit ich jedenfalls sehen kann, in Schlangenlinien. Nun ja, 40-Tonner fahren besoffen sicher auch viel Spaß auf diesen engen Straßen. Ich fahre eine Runde durch Calarasi und will mir anschauen, was es dort so zu sehen gibt. Auch hier gibt es wieder sehr viele Geschäfte entlang der Straße. Es gibt wirklich alles: Vom Sanitär-Händler über Secondhand bis zum Fahrradladen. Genug gesehen und so fahre ich weiter in Richtung Silistra.
Mit der Fähre geht es über die Donau. Ich überlege auf dem Weg dort hin, wie der Tag heute weitergehen soll. Gestern bin ich trotz vieler Steigungen oft im großen Gang gefahren und mein rechtes Knie hatte deswegen wohl irgendwann etwas zu maulen angefangen. Mein Hintern würde sich heute auch mal lieber aufs Sofa, als auf den Sattel setzen. Zudem liegt Silistra in Bulgarien und ich könnte so noch etwas von dem bulgarischen Geld los werden, dass ich noch bei mir habe.
In Silistra für heute Feierabend zu machen würde aber bedeuten, dass ich heute nur 80 Kilometer fahre. Das wäre schon echt wenig. Ich beschließe mit der weiteren Planung erst einmal abzuwarten, bis ich weiß, was aus der Überfahrt mit der Fähre wird. Vielleicht muss ich ja dort auch wieder ein paar Stunden warten. Diesmal gibt es keinen alternativen Weg. Dann ist aber auch in Silistra Schluss.
Überhaupt, was soll der Stress? Das ich das Ziel wohl innerhalb meines Zeitrahmen erreiche ist jetzt eigentlich klar. Darüber bin ich wirklich glücklich. Inzwischen sehe ich manche Dinge auch wirklich entspannt. Habe ich anfangs noch fast jeden Abend meine Fahrradklamotten gewaschen, so gilt jetzt eher das Motto: Steht noch nicht von selber, also kann man ´s nochmal anziehen. Solange das Sitzpolster sauber ist… Inzwischen habe ich einfach keine Lust mehr immer wie verrückt das ganze Zeug zu waschen und zu trocknen. Ich mache sonst ja fast nichts anderes mehr!
Lediglich das Schaltwerk am Speedy macht mir Sorgen. Ich habe irgedwann mal wieder nicht aufgepasst und das Gespann ist beim Rangieren aus dem Gleichgewicht gekommen. Dann drückt die Gabel vom Bobby gegen das Schaltwerk und verbiegt das Ausfallende, an dem das Schaltwerk befestigt ist. Ich habe das schon immer wieder mal hingebogen. Aber jetzt lasse ich das lieber bleiben. Keine Ahnung, wie oft das noch so geht, bis etwas bricht. Ich kann ja immer noch fünf bis sechs Gänge nutzen. Dazu habe ich noch die zwei Kettenblätter vorne. Das reicht eigentlich. Ich kann fahren und fahren ist genau das, warum ich hier bin!!!
Die Fähre fährt 10 Minuten nachdem am Anlegen angekommen bin ab. Was für ein kleines Ding und wie viele Autos die da drauf packen. In der Mitte noch einen Sattelzug und dann geht’s los. Uff, das Ganze sieht schon recht abenteuerlich aus. Gut, ich kann zur Not ja schwimmen. Ich muss zugeben, dass mir das Ganze zu Beginn wirklich nicht geheuer war. Aber alles gut! Nur locker bleiben und sich nicht unnötig anstellen. Eigentlich ist die Fähre doch echt lustig. Ein großes Ponton, das seitlich von einem Schiff gezogen wird und irgendwie am anderen Ufer an den Anleger buxiert wird. Die Rampen sind auch schon sehr verbogen, was den Fahrern teurer PKW den Schweiß auf die Stirn treibt.
Bald legen wir auf der anderen Seite an. Es ist noch früh am Nachmittag … 14Uhr. Ganz bestimmt werde ich jetzt noch nicht Feierabend machen. Wasser und Proviant habe ich genug dabei, so dass ich zur Not auch wieder irgendwo Zelten kann.
Die Straße „3“ auf dieser Seite der Donau ist kaum befahren. Die Strecke ist wieder recht hügelig und ich muss mich immer wieder an mein Versprechen ans rechte Knie erinnern: Kleine Gänge fahren. Nicht FFF. Schon allein die Landschaft lädt zum gemütlichen Fahren ein. Es ist traumhaft schön. Viele Weinberge gibt es hier. Und der Blick auf die Donau und die viele Wälder am Ufer ist von hier oben wunderbar. Es gibt zwischendurch herrliche Alleen, durch die zu fahren viel Spaß macht, weil es schattig ist dort. Kurz vor Lipnita gibt es eine gute Unterkunft. In der Karte ist nichts vermerkt. Aber warum sollte ich es nicht versuchen. Schließlich sind seit der Überfahrt mit der Fähre einige Kilometer hinzugekommen. Das „Zimmer“ haut mich fast aus den Fahrradschuhen. Der Preis war günstig, aber das Zimmer war eigentlich ein Appartment. Ich habe fast schon ein schlechtes Gewissen, als ich mich das zweite Mal auf dem Weg vom Wohnzimmer ins Bad verlaufe. Uff, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad und ein riesiger Flur…das bin ich irgendwie gar nicht mehr gewohnt. Ist gar nicht so camping-like… Aber was soll´s. Das gönne ich mir jetzt einfach und genieße den Abend.
Die nächsten Tagen werden wohl nochmal anstrengend werden, denn es wird einige Höhenmeter zu bewältigen geben.
Statistik:
Flusskilometer: 350
Gesamtkilometer: 3099
Donnerstag, 21.08.2014 — Lipnita – Harsova
Donnerstag, 21.08.2014 — Lipnita – Harsova
Tageskilometer: 128 km
Durchschnitt: 22,2 km/h
Fahrzeit: 5:45 h
Vmax = 65,9 km/h
Sehr heiß und sonnig, schon morgen um 8Uhr über 24°C, gegen Abend dichte Bewölkung und kräftiger Wind, > 35°C
Auch hier rund um diese noble Herberge haben die Tölen die ganze Nacht hindurch gewältig gekläfft. So langsam gewöhnt man sich jedoch an das nervige Gekläffe.
So nobel die Herberge heute Nacht auch war, einen Nachteil hat sie trotzdem: Es gibt weit und breit kein Essen zu kaufen. Aber genau aus diesem Grunde habe ich ja Proviant dabei. Nach einem ordentlichen Abendessen gestern und einem guten Frühstück heute Morgen, ging es dann weiter. Das gute Frühstück war auch dringend von Nöten. Denn es gab heute wirklich keine Zeit, um langsam warm zu fahren und gemütlich in den Tag zu starten. Es waren gleich ordentlich Höhenmeter angesagt. Und die fallen mir heute Morgen irgendwie leider sehr schwer. Ich habe den Eindruck, dass der Tag heute sehr anstrengend wird. Es ist gerade mal 8Uhr am Morgen und jetzt schon wahnsinnig heiß. Das Thermometer zeigt schon 24°C an. Den Rest des Tages wird es sich dann (weil es am Lenker natürlich in der Sonne hängt) auf 43°C festlegen. Mehr wird wohl einfach nicht gehen. Und dann geht die Arbeit richtig los: Anstieg…Abfahrt…Anstieg…Abfahrt. Die Anstiege sind nur im kleinen Kettenblatt zu schaffen. Und dann geht es eben mit 10 – 15 km/h den Berg rauf. Was fehlt ist der kühlende Fahrtwind. Die Ansteige sind aber recht abwechslungsreich: Manche sind kurz und steil, andere dafür lang und noch deutlich steiler!
Weil ich es mir eben nicht raussuchen kann, so bin ich trotzdem froh über jede Abfahrt, in der der Fahrtwind wenigstens für etwas Abkühlung sorgt. Zumindest am Vormittag sorgt der wind noch für Abkühlung. Gegen Mittag ist es einfach nur noch verdammt heiß. Ich mache eine Rast im Schatten eines Baumes. Der warme, nein heiße, Wind trocknet meine klitschnassen Klamotten im Nu. Der Wasserverbrauch ist enorm: Vor der Abfahrt habe ich beide Trinkflaschen leer getrunken. Quasi für den „Kamelhöcker“… Das waren 1,5 Liter. Zwischen Aufstehen und Frühstück trinke ich meist auch noch knappe 2 Liter Wasser. Im Bobby sind 4 Liter und am Rad nochmal 1,5 Liter. Am Ziel angekommen trinke ich meist die beiden Fahrradflaschen nochmals leer und zum Abendessen gibt es (ausnahmsweise) zwei Bier. Das macht für Tage wie heute 12 Liter, wobei ich im Nachhinein nicht mehr weiß, wieviel ich unterwegs noch gekauft habe. Aber ich denke wenn´s hart auf hart kommt, dann laufen 15 Liter rein, ohne auf die Toilette zu müssen.
In Ion Corvin trenne sich die Wege: Wer direkt nach Constanta will, fährt geradeaus weiter. Wer der Donau weiter folgen will, muss links den Berg hinaus. Es ist ein echt komisches Gefühl, wenn man nach so vielen Kilometern und Wochen die man unterwegs war, dann plötzlich den Wegweiser sieht, der die Kilometer bis zum letzten Ziel anzeigt. Hm, noch ein paar Tage, dann ist die Reise zu Ende?!? Kann das sein?
Ich muss mich erst einmal den Berg hinaufarbeiten. Zum Glück ist wenig Verkehr. Radfahrer sehe ich eigentlich jeden Tag viele, aber darunter sind keine Tourenfahrer zum Schwarzen Meer. Ich nehme an, viele fahren einen Schlenker über Bukarest. Und doch treffe ich heute einen Bulgaren. Es kommt vom Schwarzen Meer. Der macht aber nur eine 3-Tage Tour und will dann zum Zug. Tja, 3-Tage Tour zum Schwarzen Meer – – Wenn man eben nur nahe genau dort wohnt…
In Cernavode fülle ich Wasser und Proviant auf. Wie gesagt, der Wasserverbrauch ist wirklich enorm hoch. Für die nächsten 70 Kilometer werde ich auch nochmal ordentlich Energie benötigen. Bis zum heutigen Ziel Harsova geht es mit den Steigungen und Abfahrten munter weiter. Zum Ende hin sind die aber nicht mehr so steil, oder mir fällt es einfach nicht mehr so auf. In der Stadt finde ich für 80 Lew eine Unterkunft und esse dort etwas zu Abend.
So schön der Ausblick von den Hügeln übers Land auch sein mag, aber so war der Tag heute doch sehr anstrengend. Tja, nur morgen wird es wohl auch nicht viel besser werden. Aber morgen ist morgen!
Nachtrag:
Jetzt muss ich bei allem Ärger über die Straßenhunde doch auch eine Lanze für die Viecher brechen:
Gerade als ich ganz gemütlich beim Abendessen vor dem Lokal sitze und mir mein Essen und ein Bierchen schmecken lasse, kommt ein großer Hund angelaufen und schielt sehr begierig auf mein Abendessen. Also eines ist echt klar: Den Hundeblick hat der verdammt gut drauf. Ich habe ganz kurz überlegt etwas abzugeben, als eine Tussi in ihrem dicken Benz angerauscht kommt und vor dem Lokal anhält. Sie lockt den Streuner zu sich ans Auto, macht die Türe auf und schäkert mit dem Hund. Kurz darauf kommt die Wirtin mit dem verpackten Abendessen angelaufen. Die Tussi haut die Türe zu, das Essen wandert, begleitet vom hungrigen Blick des Streuners, ins Auto und schwupp: Weg ist das ganze gute Essen, samt Tussi und Benz. Wäre ich ein Streuner, dann würde ich wohl auch so etwas wie Rache schwören (und vielleicht auch mal meinen Spaß daran haben, Radfahrer zu erschrecken oder zu jagen..)
Ich hoffe jedenfalls, bis auf die wenigen schlechten Erfahrungen, nicht noch weitere Probleme mit den Hunden zu haben. Es sind ja in der Regel die Hunde, die zu irgendwelchen Häusern gehören, die spinnen. Die Streuner waren bislang ehrlich gesagt immer gut. Wahrscheinlich erkennen die auch gleich, wer auf den Landstraße zu Hause ist…
Freitag, 22.08.2014 — Harsova – Tulcea
Freitag, 22.08.2014 — Harsova – Tulcea
Tageskilometer: 105 km
Durchschnitt: 20,1 km/h
Fahrzeit: 5:12 h
Viel Sonne und extrem starker Wind (leider immer Gegenwind oder Seitenwind), 28°C
Boah, die Nacht in dem Kabuff war wirklich ein verdammt guter Grund FÜR wildes Campen. Ein Fenster mit Abmessungen 30×30 cm, eine Klimaanlage, die nicht funktionierte, vor der Türe (weil es ein Parterre-Zimmer war) zwei Köter die nur darauf warteten über mein Proviant herzufallen und im Zimmer zahlreiche Mücken, die mein Blut wollten. Dazu eine unerträgliche schwüle Hitze. Boah…, also wie gesagt: Vieles das fürs wilde Campen spricht.
Ich stehe um 6 Uhr auf und bin kurz nach 7 Uhr auf der Straße. Im Ort kaufe ich mir noch Frühstück, welches ich auch sogleich an Ort und Stelle verputze, um möglichst schnell weiter zu kommen. Die „221“ ein Stück weit, bis zu einem See, dann die „222F“ nach Norden. Weil ich in der Nacht viel Zeit hatte zum Nachdenken (und zwar nicht nur über das Thema „Wildes Campen“) halte ich an der Abzweigung zur „222F“ eine Zeit lang inne. Soll ich jetzt wirklich nach Norden fahren, nur um noch mehr rumänische Dörfer zu durchfahren, von denen ich nun wirklich schon zu Hauf gesehen habe? Mich erwarten im Norden sonst nur noch zwei Großstädte: „Braila“ und „Galati“, die ich aber sowieso auf keinen Fall besuchen möchte, sondern ohnehin umfahren werde. Bis hinter Galati (also den gesamten heutigen Tag) werde ich kilometerweit von der Donau entfernt sein. Wozu also einen ganzen Tag Reisezeit verwenden, wenn hier jetzt der Weg nach Tulcea abzweigt und es von hier ungefähr 90 Kilometer bis dort hin sind?
Die Entscheidung ist schnell getroffen. Es geht auf direktem Wege weiter nach Tulcea. Welchen Weg ich aber vor mir habe, dass habe ich zum Glück zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst, denn sonst wäre ich vermutlich freiwillig sogar noch ein paar Tage in dem Kabuff geblieben.
Die Strecke nach Tulcea war eine Schinderei beispiellose Schinderei. Nun ja. Zum Einen liegt es sicher daran, dass ich nach fast vier Wochen Radfahren nun endlich einmal eine etwas längere Pause brauche. Ich habe einfach nicht mehr so viel Lust zum Radfahren, wie zum Start der Tour. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur an der besch… Nacht, die ich heute verbracht habe. Jedenfalls bin ich heute überhaupt nicht motiviert und meine Beine merken das leider sofort und stimmen in die allgemeine träge Stimmung mit ein. Ach was soll´s, heute noch irgendwie die 90 Kilometer bis Tulcea runter reißen und das war´s dann erst mal…
Ich weiß schon gar nicht mehr, wie es eigentlich angefangen hat. Mit einem Mal hat mich der Wind ziemlich übel am Wickel. Der kommt zuerst sehr stark und in Böen von der Seite, doch dann passt sich die Straße der Windrichtung an. Nun kommt der Wind mit voller Wucht von vorne. Ich weiß gar nicht, wie oft ich gedacht habe: „Verflixt, wenn das nun Rückenwind wäre, dann würde aber Reifer pfeifen…“ Aber dieser Wunsch bleibt ungehört. Es geht einfach nur Kilometer für Kilometer gerade aus. Kein Wald, nichts, was den Wind irgendwie bremsen könnte. Nur hunderte von Windrädern, die sich alle wie verrückt drehen. Alle Naben zeigen in ein und dieselbe Richtung: Exakt in meine Fahrtrichtung! Allen Skeptikern der Windkraft sei eines hiermit versichert: Die Dinger nehmen niemand den Wind weg. Damit es auch nicht zu einfach wird, steigt der Weg stetig an. Mit höchstens 15 km/h quäle ich mich voran. Immer wieder muss ich an das Thema mit dem Rückenwinde denken. Mist…! Meine Beine brennen inzwischen und ich habe wirklich gar keine Lust mehr zu fahren. Aber zum mich darüber zu ärgern fehlt mir einfach auch die Kraft und die Lust. Ich esse immer wieder sehr viel von meinem Proviant, weil ich regelmäßig riesigen Hunger bekomme. Und das trotz eines guten Frühstücks. Der Schokoladenkuchen hielt irgendwie nicht lange und die Kekse scheinen auch nicht viel zu bringen. Brot und Pfefferbeißer (ja, völlig unvegetarisch!) sind schon verputzt. Aber alles ist quasi schon im Wind verbrannt.
Die ersten 50 Kilometer sind geschafft und nach einer weiteren Pause ändert sich die Landschaft sehr deutlich. Urplötzlich gehen die mühsam erklommenen Höhenmeter des Vormittags innerhalb weniger Minuten flöten. So richtig freuen kann ich mich jedoch über die rasante Talfahrt nicht. Und tatsächlich, weniger Kilometer weiter geht es schon wieder bergauf. Nun sorgt der kräftige Gegenwind wenigstens für ausreichend Kühlung, während ich mich im Schritttempo den Berg hinauf arbeite. Wenigstens wurde die Landschaft etwas abwechslungsreicher. Keine endlosen Steppen, Felder und Ödnis, sondern Berge (letzte Ausläufer der Karpaten, wenn ich das noch richtig im Kopf habe). Es sind noch 30 anstrengende Kilometer, bis in dieses sch… Tulcea. Boah echt, wenn ich auch nur fünf Sekunden aufhöre zu kurbeln, weil meine Muskeln völlig verspannt sind, dann stehe ich still.
10 oder vielleicht 15 Kilometer vor Tulcea komme ich auf eine Hauptstraße. Hier ist wieder viel Verkehr und wenig Platz. Weil der Wind jetzt von der Seite kommt, geht es zwar etwas einfacher, dafür führt jedes Auto und jeder LKW zu starken Turbulenzen und es ist wirklich sehr schwer die Spur zu halten.
Zusammengefasst: Der Weg nach Tulcea war echt verdammt hart! So richtig freuen kann ich mich zuerst auch nicht, dass ich nun endlich angekommen bin. Ich bin einfach völlig platt. Aber nach einer kleinen Pause kann ich mich dann wenigstens aufraffen und ein paar „Selfies“ machen. Auf der Fahrt durch die Stadt halte ich Ausschau nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Hier wimmelt es vor Touris und Hotels. Ich finde eine bezahlbare Unterkunft in der ich die nächsten zwei Nächte verbringen will. Morgen will mir auf jeden Fall das Donaudelta anschauen!
Als ich nach dem Duschen aus dem Zimmer gehe ist das erst einmal ein komisches Gefühl: Normalerweise habe ich Fahrradklamotten an und keine Shorts, T-Shirt und Latschen. Auch habe ich mich in den letzten Wochen tagsüber nie von Speedy und Bobby getrennt, außer zum Einkaufen. Seltsam, als hätte ich irgendetwas Wichtiges vergessen.
Ich schaue mir die Stadt an, organisiere mir eine Tour ins Donaudelta für morgen früh, kaufe mir etwas zum Essen und zu Trinken und mache mich anschließend ans Tagebuch. Morgen früh um 9 Uhr legt das Schiff ab. Ich habe mir Proviant für den Tag besorgt, damit ich für die acht Stunden Tour auch was zum Essen habe. Meine Kamera ist auch startklar. Somit steht einem schönen Tag im Donaudelta nichts mehr im Wege.
Ziemlich müde von der Kurbelei, die ich schon fast wieder verdrängt habe, gehe ich zu Bett.
Gesamtkilometer: 3333 km (das war mir ein „Gute Nacht Bierchen“ wert…)