Sierra Leone - Ebola - 2015
Der heutige Tag war eher ruhig, was mir gar nicht so unrecht war. Nach dem Frühstück habe ich erst einmal mein Zeug von gestern aufgeräumt. Anschließend habe ich im Lager noch etwas Ordnung gemacht.
Ich muss heute noch kurz zu meiner ersten Baustelle nach Tonkolili. Dort wo ich den Generator umgebaut habe, muss nun auch das Bedienpanel entsprechend anders eingestellt werden. Ich habe mich ausführlich mit der Anleitung zu dem Gerät aus einander gesetzt. Somit war die Sache dann vor Ort recht einfach.
Zurück in Makeni habe ich angefangen eine Anleitung für unsere Generatoren zu erstellen. Die soll die richtige Bedienung der Geräte erklären. Im zweiten Teil der Anleitung werden dann die wichtigen Schritte für die Wartung beschrieben. So eine „Folien-Schlacht“ ist bekanntermaßen recht zeitintensiv. Bis zum Abendessen habe ich an den Folien gearbeitet.
Auch wenn das heute keine schwere Arbeit war, so bin ich doch ziemlich müde. Ich freue mich jetzt auf eine erholsame Nacht. Es wird die vorletzte Nacht in Makeni sein. Die Heimreise ist nicht mehr weit weg.
So, dass war dann der letzte Tag hier in Makeni!
Unglaublich, wie schnell diese vier Wochen an mir vorbeigeflogen sind.
Nach dem Frühstück habe ich erst einmal meine Werkzeugkiste sortiert. Jörg wollte noch eine Inventarliste davon haben.
Mit den Leuten aus der Werkstatt habe ich heute die Kontakte ausgetauscht und bin gespannt, wer sich irgendwann mal auf Facebook melden wird. Anschließend mache ich noch meine Bedienungs- und Wartungsanleitung fertig.
Heute Abend findet vor dem Gasthaus von Madam ein kleiner Empfang statt. Zusammen mit ein paar Auszubildenden der Werkstatt baue ich ein Master-Tent und einen Powermoon auf. Weil die Steckdosen im Gasthaus mal wieder alle dem englischen Standard entsprechen, baue ich noch einen Adapter, damit der Powermoon versorgt werden kann. Inzwischen macht es mich auch nicht mehr nervös, wenn mir dabei 10 Augen oder mehr zuschauen. Es mault ja niemand, oder nervt mit Besserwisserei.
Als die Vorbereitungen für den Empfang angeschlossen sind, gehe ich zurück zum Zimmer und fange an, meine Sachen zu packen.
Schnell vergeht die Zeit und bald schon ist es Abend und wir gehen gemeinsam zum Empfang. Es sind schon viele Leute da. Der Gründer von Madame und Vertreter von Brot für die Welt aus Deutschland. Selbst ein Abgeordneter des Parlaments aus Sierra Leone ist hier. Es gibt sehr viel Smalltalk. Auch über die Frage, ob denn Ausbilder für den Bereich Elektro für einige Wochen zum Lernen nach Deutschland kommen können. Das ist eine sehr interessante Frage!
Als herauskommt, dass ich heute meine letzte Nacht in Makeni verbringe, bedanken sich die Leute von Madame und die übrigen Gäste bei mir für meine Arbeit der letzten Wochen. Mit einem Augenzwinkern meinte der Gründer von Madame: „siehst Du Marten, wir feiern einen gebührenden Abschied für dich…“. Oh wie recht er hat. Das Essen war sehr lecker. Es gab wirklich die Besten Speisen der afrikanischen Küche. Dazu leckeren Ananas-Saft. Der war so dickflüssig und voller Fruchtfleisch, dass man sich das Glas nur mit dem Löffel vollschaufeln konnte.
Der Abend wird spät und ich denke noch lange über viele Dinge nach. Ideen, um das Land voran zu bringen gibt es wirklich unendlich viele. Es gibt auch viele Leute, die absolut fit sind und auch etwas bewirken wollen und ganz bestimmt auch können. Oft denke ich, dass Sierra Leone auf dem richtigen Weg ist. Die Menschen sind ein wirklich sehr angenehmes Volk. Aber Ebola ist wohl leider nicht los zu werden. Es gibt immer wieder neue bestätigte Fälle. Das liegt teilweise daran, dass es immer noch die traditionellen „Hexen“ und „Hexenmeister“ gibt. Mit deren Riten wie der Exhumierung von Ebola-Toten zum Zweck der Medizinherstellung verbreitet sich Ebola natürlich problemlos. Hier ist wirklich noch viel Aufklärung nötig. Aber genau an dieser Stelle wäre ich wieder beim Hauptthema der letzten Wochen:
Der groß angelegte Einsatz gegen Ebola ist zwingend notwendig. Aber die wichtigste Hilfe, die die Menschen dort brauchen sind Bildung und Wissen! Nur so kommt das Land weiter auf die Beine und erreicht vielleicht in ein paar Jahren einen kleinen Wohlstand. Vielleicht wird Sierra Leone eines Tages zum Ziel für Urlauber und Touristen?
So, der letzte Abend ist nun also wirklich gekommen. Wie schon mehrfach erwähnt sehe ich meinen Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Wir waren heute Abend zu Besuch bei Martin. Wie ich irgendwann einmal aufgeschrieben habe, leitet er heute die Toyota Niederlassung in Sierra Leone und war bei der ersten THW Mission im Rahmen von UNAMSIL (United Nations Mission in Sierra Leone) bereits vor 15 Jahren im Land. Er gibt heute eine kleine Party für ehemalige und aktive THWler.
Doch zurück zum morgen, der in Makeni begann:
Nachdem ich meine restlichen Sachen gepackt habe, bauen wir das Zelt und den Powermoon wieder ab. Die Auszubildenden helfen wieder fleißig mit. Nach dem Frühstück will unser neuer Teamleiter Heinz möglichst schnell zurück nach Freetown. Eddi hilft mir beim Einladen meiner Sachen und dann geht´s los nach Freetown.
Hier ist heute wieder das übliche Chaos. Kein Vergleich zu den leergefegten Straßen während des Shut-Down (Ausgangssperre). Im THW-Büro in Freetown gibt es seit ein paar Tagen plötzlich Probleme mit der IT. Ich schaue mir den Rooter mal an und frage mich, warum de völlig tot ist. Alles Mögliche ist verstellt. Das Passwort stimmt auch nicht. Eine halbe Stunde später lief die Sache dann wieder.
Am späten Nachmittag kommen Jörg und Ingo von Port Loko nach Freetown. Gemeinsam schauen wir bei WFP ein paar Generatoren an. Alles sind ziemlich alte Kisten, mit tausenden Betriebsstunden. Sogar ein Zombie ist dabei.
Definition Zombie: Das Display an der Steuerung leuchtet zwar, aber es zeigt keinen einzigen Buchstaben an. Das Display ist leer. Es ist auch kein Öldruckschalter mehr angeschlossen und der Abstellmagnet, der im Notfall die Kraftstoffzufuhr unterbricht, ist mir einem kleinen Holzkeil blockiert. So läuft der Motor, bis entweder irgendwann jemand vergisst zu tanken, oder bis zum Kolbenfresser. Ein Zombie eben… untot…
Bei WFP sollen demnächst ein paar neue Generatoren eingebaut werden. Ingo wird da eine Menge Arbeit bekommen. Ich bin leider raus.
Nach dem langen Abend bei Martin und den vielen interessanten Gesprächen mit den ehemaligen THWlern bin ich todmüde ins Bett gefallen. Geschlafen habe ich eigentlich ganz gut, auch wenn Freetown einfach immer schrecklich laut ist. Statt der Grillen hört man hier nachts die Generatoren brummen.
Iris hat mir gestern Abend noch eine Nachricht gesendet, dass wohl irgendetwas bei meinem Ticket für die Rückreise verbummelt wurde. Sie kümmert sich seit Stunden um eine Lösung! Beim Frühstück tut sich dann die gesamte Misere auf. Nach aktuellem Stand, werde ich heute doch nicht zurückfliegen. Aber die Sache ist in Arbeit.
Um 10Uhr kommt der Fahrer und holt mich ab. Wir versuchen es einfach mal, schließlich sind wir hier in Afrika! Am Wassertaxi ist auch der Check-In für den Rückflug. Wenn die Dame hier meinen Namen auf der Liste hat, dann ist alles in Ordnung. Aber da stehe ich natürlich nicht drauf. Kein Name, kein Flug. Da ist UNHAS (United Nations Humanitarian Air Service) sehr korrekt. Wir versuchen es am Telefon nochmal beim WFP Büro in Ghana. Vielleicht können die Leute dort noch eine Bestätigung am Telefon geben. Auch das hilft nichts.
Dann erhält die Dame eine SMS von ihrer Kollegin aus Ghana. Die Bestätigung. Für mich heißt das nun: Zeit fürs Boarding!
Der Flug nach Accra ist easy. Mal davon abgesehen, dass der Pilot gleich nach dem Start eine Kurve fliegt, als wäre er mit Kampf-Jet unterwegs.
In Ghana angekommen hilft mir Florian bei dem Papierkram für die Weiterreise. Es dauert noch ein paar Stunden, bis der Weiterflug nach Frankfurt startet. Groß ist der Andrang auf den Flieger nicht. Zahlreiche Plätze bleiben leer und so kann ich mich etwas ausbreiten und vor allem die Beine etwas ausstrecken. Bis Frankfurt sind es sechs Stunden. Genügend Zeit zum Lesen, schlafen und Nachdenken über die vielen Eindrücke der letzten Wochen.
Kalt, kalt, kalt…
Der Flug nach Frankfurt verläuft völlig ruhig. In Frankfurt angekommen hole ich mein Gepäck und mache mich auf dem Weg zum Zoll. Um diese unchristliche Uhrzeit wollte da noch kein Mensch etwas von mir wissen.
Draußen bei den Besuchern stand ein kleines Empfangskomitee vom THW (nicht aus Leonberg, sondern Leute von der SeeLIFT und der THW-Leitung!). Das ist schon eine echt tolle Sache. Die Organisation ist wirklich super.
Zunächst begleiten die Leute mich zum medizinischen Check. Dort erfolgt die Einreiseuntersuchung. Das ist schnell erledigt. Anschließend wollen die Leute natürlich hören, wie es denn in Sierra Leone gelaufen ist. Es geht auch um die Frage, ob es weiteren Gesprächsbedarf hinsichtlich Einsatznachsorge-Team gibt. Aber dazu sehe ich im Augenblick keinen Bedarf.
Der Kamerad der SeeLIFT bringt mich noch zum Zug und checkt, ob die Verbindung auch stimmt. Wie gesagt: Die Unterstützung der SeeLIFT ist super klasse! Danke hierfür!!
In Leonberg angekommen holt mich Oliver vom Bahnhof ab. Nachdem ich zu Hause meiner Mutter den ersten Bericht erstattet habe, bringe ich den ersten Berg Wäsche zur Maschine. Der Tag geht schnell vorbei. Am Abend treffe ich mich mit Passi auf ein Bierle. Zu berichten gibt es viel und die Zeit vergeht wie im Flug. Außerdem planen wir unsere nächste Wanderung. Im Juni. Nach Natz in Südtirol!